31. März 2006

Ich hab gestern wieder ein Loch in die Oststeiermark gegraben. An etwas entlegener Stelle. Kein gar zu großes. Vorbedingung für ein Ensemble, das ich "Eine Barke für Stefan Zweig" nenne.

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Das bezieht sich auf die Session, die ich diese Woche mit drei jungen Leuten mitten in Gleisdorf hatte. Und ist eine Querverbindung zu "Eutopia", einem Projekt, das gerade startfertig gemacht wird. Der Gang auf die Strecke hatte einen für mich höchst erfreulichen Nebeneffekt. Einen ungewöhnlichen Fund in einem stillen Eck von Gleisdorf.

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Diese eigentümlich strukturierte Flanke ließ mich sofort auf einen Ford Mustang schließen. Doch wirkt das ganze Fahrzeug geradezu unamerikanisch klein, also europäisch dimensioniert. Mit einem ziemlich kühnen Hüftschwung, wie man sieht. Aber ich hatte schon richtig getippt. Es ist der 1974 eingeführte Serie II-Mustang. Den auf hiesigen Straßen zu finden ich nie vermutet hätte. (Die Eins aus den 60ern habe ich schon in der Sammlung.)

Cut!

Medienanwendung ist Realitätserzeugung. An dieser Auffassung halte ich verläßlich fest. Wer wie ich die Provinz bewohnt, wird bestätigen können, daß hier eingeführte Regionalblätter erhebliche Relevanz haben. Sie werden breit rezipiert. Und was darin vorkommt, das drückt aus, was in der Region eben ... genau: Realität ist.

Ich bin thematisch gewissermaßen noch bei Handke. Der behauptet hat, Medien seien "Einpeitscher, Verwalter und Verdiener" im Haßgeschäft. (Siehe den Eintrag vom 27.3.) Überzogene Ansichten eines überspannten Autors? Mal sehn!

Was liegt da noch in meiner Ablage? Ein "Süd-Ost Journal" vom 15. März, die Ausgabe 04/06, die man beim Herausgeber als PDF downloaden kann. Worin ein hochrangiger Diener der Republik diese Republik angreift und ihre Gerichtsbarkeit zum wiederholten Mal als angeblich irrelevantes Gremium vorführt.

Man wird sich an den Fall um Seibane Wague erinnern. Der Afrikaner ist auf furchterregende Art in den Händen einer überforderten Polizei-Crew ums Leben gekommen. Notarzt und Sanitäter waren live dabei, ohne die Katastrophe zu verhindern: "Vor Gericht standen sechs Polizisten, der Notarzt sowie drei Sanitäter. Ihnen war fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen vorgeworfen worden." Siehe den Eintrag vom 10.11.05!

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[Der komplette Text]

Für den Brigadier Josef Paul Puntigam ist das Urteil eines ordentlichen Gerichtes unerheblich. Er weiß es besser. Er spricht die verurteilten Täter geradezu frei. Er erklärt das Opfer zum Schuldigen am eigenen Tod. Und er desavouiert den Zeugen, der das Geschehen beobachtet hat. Ibn seiner schlampigen Art, die Dinge zu beschreiben, konzediert er immerhin, daß es Mißhandlungen gab.

Der Offizier hat sowas auch im Vorjahr gemacht. Die Justiz als unzurechnungsfähig ausgewiesen. Da er seine Kolumne so überschrieb:

"Die blinde Justizia. Nur in politischen Fällen?" Siehe den Eintrag vom 4.5.05! Woran amüsant ist, daß er die Blindheit der Justizia offenbar für einen Mangel hält. Dabei ist es gerade ihre Blindheit, die also besagt: Egal wer die Tat begangen hat, er oder sie muß sich ohne Ansehen der Person dem Gericht und dem Gesetz stellen. Was demnach auch für Menschen im öffentlichen Dienst gilt. Worüber Puntigam hier räsoniert.

Der Soldat pfeift auf die Gerichtsbarkeit und propagiert so nebenher noch (implizit) im aktuellen Fall Fremdenhaß, im vorigen Fall (ebenso implizit) die Unschuld von Naziverbrechern. Als langjähriger Kolumnist des Blattes gibt er so ein passables Beispiel für genau das, was Handke der Branche vorwirft.

Hochrangige Militärs, welche offenbar der Meinung sind, man müßte ordentliche Gerichte eigentlich in ihren Entscheidungen übersteuern, finde ich sehr beunruhigend. Sowas mag in Militärdiktaturen eine akzeptable Haltung sein, in Österreich hat sich das Volk für eine andere Ordnung der Staatsgewalt entschieden.

In dieser Republik herrscht Gewaltentrennung. Legislative, Exekutive und Judikative sorgen für die erwünschte Balance in der vom Staat monopolisierten Gewaltausübung. Das ist dem Parlament, der Regierung und den Gerichten in die Hände gelegt, nicht den Offizieren.

Politologe Hans Vorländer schreibt in seinem Buch über Demokratie:
"Die effektive zivile Kontrolle polizeilicher und militärischer Macht ist eine wesentliche, unbestreitbare Voraussetzung der Demokratie."

Eine Ansicht, für die der Herr Brigadier offenbar noch nicht gewonnen werden konnte. Und Handke ... tja, was muß der so ein Hitzkopf sein, daß er dauernd das Pressewesen kritisiert? Das sich nun mal nicht bloß aus der "Frankfurter Allgemeinen" und anderen "Großblättern" konstituiert, sondern vor allem aus ungezählten Provinzblättern, die Ländereien überziehen und "öffentliche Meinung" generieren.

Menschenverachtung ist kein Virus, kein biologisches Phänomen, das sich, von Mensch zu Mensch springend, verbreitet. Menschenverachtung wird von Menschen propagiert, wird von Opinion Leaders legitimiert ...

[Zu Peter Handke]

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13•06