18. Mai 2006

Das Kunstfeld kann beliebig besetzt werden. Dagegen ist kein Einwand möglich. Das gestern genannte Beispiel der blumigen Art hat kuriose Kontraste. Ein besonders aufschlußreiches Exempel entstand im Jahr 2002, anläßlich einer Lesung der Autorin Monika Wogrolly in Gleisdorf.

log712a.jpg (15082 Byte) Im "Neuen Weizer Bezirksjournal" wurde das werte Publikum vom Herrn Mag. Herbert Kampl angeregt, sich vom üblichen Kunstgeschehen nicht erschrecken oder gar abschrecken zu lassen.

Das ist eine durchaus erstaunliche Position für einen Mann mit grundlegenden akademischen Weihen.

Es herrscht die Annahme, die Menschheit habe vor etwa 200.000 Jahren begonnen, symbolisches Denken zu entwickeln. Diese Qualität wird dem Homo sapiens zugeschrieben. Es erscheint einleuchtend, daß darin das Fundament künstlerischer Praxis liegt.

Anfang Mai hat die "New York Times" ein bestechend klares Beispiel geliefert, wie man sich die Basis dessen vorstellen kann, was sich heute als eine der Zahlreichen Erscheinungsformen künstlerischen Schaffens zeigt.

Larry Rother hat Benedicto Tuki Pate in einem kleinen Feature zitiert. Der Künstler von den Osterinsel wuchs in einer Kultur auf, die von 4.000 Kilometer Wasserstrecke umgeben ist. Sein Vater war offenbar in der Lage, symbolisches Denken in Artefakte zu übertragen, die einen Gegenwert zu Gebrauchsgegenständen hatten: "Mein Vater hat etwas geschnitzt und bei Nachbarn dafür Nahrungsmittel oder Kleidungsstücke eingehandelt. Ich hab ihm bei der Arbeit zugesehen, so habe ich gelernt." log712b.jpg (7073 Byte)

Wovon mag diese kleine Szene handeln? Offenbar davon, daß symbolisches Denken zu ästhetischen Erfahrungen befähigt. Anfang April habe ich schon erwähnt, daß Ästhetik nicht nur "vom Schönen" handelt, sondern vor allem einmal von Wahrnehmung.

Wenn man nun aus der Praxis von symbolischem Denken und zunehmend verfeinerter Wahrnehmung handwerkliche Fertigkeiten entwickelt, um die Ergebnisse solcher Prozesse zu materialisieren, entsteht mitunter das, was wir als diese oder jene Kunstwerke kennen. Am Beispiel des Benedicto Tuki Pate gefällt mir so, daß solche Artefakte hier ganz gleichwertig neben Nahrungsmitteln und Kleidung erscheinen.

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Cut!

Zum Philosophen Jacques Derrida hat mir ein Rechtschreib-Prüfprogramm eine hinreißende Alternative angeboten: Dreirad.

Cut!

So billig geht das! "Nunmehr liegt der Beweis vor." schrieb der Stadtparteiobmann der FPÖ Kufsteins, GR Mag. iur. Anton Frisch, an den "Standard".

Beweis? Haben nicht gerade unzählige Blätter berichtet, daß unsere Innenministerin mit ihrer Aussage über Muslime im Land ein Papier zitiert, das noch gar nicht wissenschaftlich ausgewertet ist? Also in Wahrheit keine Studie, sondern bisher bloß eine Erhebung. Die vom leitenden Wissenschaftler erst ausgewertet und freigegeben werden muß. (Siehe Eintrag von gestern!)

Doch der gelernte Jurist schreibt schon von einem "Beweis". So wird am Rande der Brandstiftung Realpolitik konstituiert. Kalter Krieg!

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