6. April 2006

Vorzügliche Auswahl. Sehr schön arrangiert. Doch bloß ein Zufallsprodukt anläßlich der gestrigen Sperrmüllsammlung. Es beschäftigt mich schon eine Weile die Frage, ob die Vorstellung von einem "Code ohne Intention" Sinn machen kann. Ob das eine mögliche Position auf der Suche nach einem "Next Code" wäre ...

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Ästhetik ist ja eigentlich nicht "was das Schöne sei", sondern leitet sich vom griechischen "aisthesis" her. Das bedeutet "Wahrnehmung". Wahrnehmung als Anlaß zur Sinnstiftung ...

Cut!

Wahrnehmung. Sinnstiftung. Was das Schöne sei. Ich hab gestern das recht kuriose "Künstlerische Manifest" von Thomas Meixner aufgegriffen. Welches als zustimmender Kommentar zu einer recht rüden Attacke gegen zeitgenössisches Kunstschaffen publiziert war. Solchen Attacken fehlt auffallend oft jede solide Begründung, fehlen Argumente und vor allem Kriterien. Statt dessen Gefühlsakrobatik wie im folgenden Ausschnitt:

"... Schreit das Land nach wahren Künstlern bei denen Kreativität und echtes Können sich spürbar verbinden. Künstler bei denen die geistige Schöpfung, Originalität wirklich einzigartig sind und die handwerkliche Perfektion spürbar ist und weit über dem Durchschnitt liegt. Deren Werke nicht erst langatmig neunmalklug gedeutet oder pseudointelektuell interpretiert werden müssen. Künstler deren außerordentlichen Fähigkeiten in ihren Werken für Jedermann klar verständlich sind. Die Kunst produzieren, die wieder Freude, Ästethik und Schönheit vermittelt. Ich bin einer davon. Und darauf bin ich stolz!" (Quelle: "Süd-Ost Journal")

Ja. Ähem. Räusper. Sieht man die verfügbaren Arbeiten des Tomax durch, ahnt man, daß sich kein seriöses Kuratorium im Dienste zeitgenössicher Kunst auch nur zwei Minuten mit den feuchten Träumen des "Stadterotikers" aufhalten würde. Was vermutlich gar nicht primär an den großen Busen und prallen Pöpschen liegen würde. Oder an den Posen, die dem Softporno- Geschäft geschuldet sind. Sondern weil die von Meixner auffindbaren Arbeiten nun mal keine so recht geglückten Beispiele für "handwerkliche Meisterschaft" sind.

Sehr aufschlußreich ist die Passage: "Deren Werke nicht erst langatmig neunmalklug gedeutet oder pseudointelektuell interpretiert werden müssen." Diese intellektuellenfeindliche Haltung, aus der nicht argumentiert, sondern behauptet werden will, deren Ansichten sich jeder Prüfung entziehen möchten, ist in der Nazi-Ära hoch stilisiert worden. Und blieb uns offenbar erhalten. Eine Haltung, die man sehr ernst nehmen sollte ...

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Cut!

Wie denn und wodurch der Sezessionskrieg Jugoslawiens begonnen habe (Siehe den Eintrag vom 3. April!), hat noch nicht einmal recht begonnen, für Europa zur Debatte zu stehn. Mihael Milunovic sagte dazu ironisch, die Exzesse auf serbischer Seite seien die "Rache der Idioten" gewesen, die man vorher herumgeschubst habe.

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Wie schon erwähnt, Jugoslawien war erst in einer enormen Wirtschaftskrise festgesteckt, dazu noch von einer kleinen Gefolgschaft Milosevic' recht effizient ausgeplündert worden. Europa hat reichlich Erfahrungen damit, welche "Heilsversprechen" aus nationalistischen Aufraffungen bei jenen ankommen können, die jede Aussicht soziale Stabilität verloren haben. Es wird dabei als sehr erschwerend gedeutet, daß Tito und die Kommunisten jede Aufarbeitung der Traumata aus dem Zweiten Weltkrieg unterbunden haben. Womit nun nicht primär die Okkupation durch die Nazi gemeint ist. Sondern der Bürgerkrieg unter den Südslawischen Völkern, der zur gleichen Zeit getobt hatte.

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Miodrag Krkobabic, der aus Südserbien stammt, erzählte mir, er habe 1991 seine Militärdienst noch in Sarajevo geleistet. Soldaten seien in der Stadt ursprünglich sehr zuvorkommend behandelt worden. "Das kommt da noch vom Kampf gegen die Nazi. Wenn du in Uniform gegangen bist, hat dir manchmal wer auf der Straße ein Eis gekauft. Und in der Straßenbahn haben dir alte Leute einen Sitzplatz angeboten." Er sagt, der Krieg sei für ihn völlig unerwartet hochgegangen.

[Balkan-Reflex]

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14•06