5. April 2006 Mehrere Tage
in dichte Debatten über verschiedene Themenstellungen der Kunst verstrickt, ich merke, da
bekomme ich massives Fernweh. Denn etliche der Kunstschaffenden, mit denen ich zu tun
habe, sind ja einen guten Teil des Jahres höchst mobil.
Aber auch wenn ich selbst schon ein Weilchen sehr seßhaft
bin, bringt das wenigstens spannende Menschen zu mir. So hatte ich gestern mit Mihael Milunovic eine
Kafka-Situation vor dem Gleisdorfer Rathaus.
Damit runden sich die Bezugspunkte für das Teilprojekt
"Die Augen der Kombattanten", das ich im kommenden Herbst realisiert haben
möchte. (Siehe Eintrag vom 21.3.!)
Die gestrige Runde war allerdings breiter besetzt. Links
hinten stehen die Kunstschaffenden Miodrag
Krkobabic und Irena Kelecevic. Im Vordergrund die Kunsthistorikerin Ksenija
Marinkovic. Wobei mir an diesen zwei Fotos erstmals auffällt, daß Gleisdorf ganz
erhebliche Schattenspiele zu bieten hat, in diesem Falle von Laternen herrührend ...
Cut!
Eine überaus verblüffende Meldung: Es heißt, im Grazer
Stadtmuseum seien rund 20 Prozent der inventarisierten Werke unauffindbar. Der Reiz von
Archiven ...
Cut!
Es werden nicht nur Dinge verwahrt. Auch Menschen. Über
die "bagasch"-Liste kam diese kuriose Nachricht herein: "NERVOUS suspects
locked up in Britains newest police station may be reassured by a pleasant shade of
yellow on the door. If they are close to confessing a crime, the blue on the wall might
tip the balance. ..."
Weshalb Gefängniszellen in England nach
Forschungsergebnissen der US Navy ein Redesign erfahren haben. Besonders erstaunlich ist
die Annahme über die Wirkung von "Royal Blue". (Quelle)
Cut!
Ich habe in den letzten Einträgen meine
Auffassung vertreten, Medienanwendung sei Realitätserzeugung. Salopp formuliert: Was in
der Zeitung steht, das gibt's. Ich hab dazu die vielleicht oft etwas unterschätzten
"Inseratenblätter" und Regionaljournale erwähnt. Die in Summe eine enorme
Flächendeckung ergeben, ohne (von Ausnahmen abgesehen) sich den möglichen Regeln des
Journalismus verpflichtet zu zeigen. Diese Blätter sind primär Bühne für die lokale
Wirtschaft. Umschlagplatz für Gelder. Projektionsfläche für Public Relations.
Da wird gelegentlich mit grober Kelle
verputzt. Wofür der tüchtige Geschäftsmann Hannes Krois ein interessantes Beispiel ist.
Da er selbst, und sein Kolumnist, der Brigadier Puntigam, da die beiden gelegentlich ganz
tüchtig gegen die Gegenwart der Welt anschreiben.
Es war nun unlängst dieser energische Befund
über zeitgenössische Kunst. Den Herr Krois verfaßt hat, ohne dabei seine Kriterien
offenzulegen. Denn wenn einer weiß was KEINE Kunst sei, müßte er ja sagen können,
welche Kriterien auf Kunst schließen lassen. (Siehe den Eintrag vom 1. April!) Macht er aber nicht. (Hat er keine Kriterien? Möglich.)
Das hat dann sein "Hauskünstler"
erledigt. Der regelmäßig seine Vorstellungen von Weiblichkeit und Erotik im Blatt
publiziert. Thomas Meixner (aka "TOMAX") sandte ein "Künstlerisches
Manifest". Das ich für überaus lesenswert halte. Weil es sozusagen mit höchster
Authentizität vorführt, wo eine Debatte hinführt, wenn jemandem völlig egal ist, wovon
er überhaupt redet. Wenn er nur sich äußert. Meixner, der sich selbst als "Stadterotiker" inszeniert,
eröffnet seine Kampfschrift so:
"In
einer Zeit in der Kälte, Egoismus und Ignoranz das Land mit eisiger Hartherzigkeit
überzieht, in der eine selbstgefällige Regierung die Bürger mehr ausplündert als es
einst die finsteren Raubritter taten. Wo das geistige Klima von Einfalt Nivellierung und
Ideenlosigkeit geprägt wird. Wo statt Pioniergeist Reglementierung und
Vorschriftenwirrwarr die Zukunft behindert. Wo einfache Dumpfbacken im TV zu Stars
hochgepuscht werden. ..." (Quelle: "Süd-Ost Journal")
Beeindruckend, was der kühne Zeichner
alles unter einen Hut bekommt. Besonders das mit dem Pioniergeist geht mir sehr zu Herzen.
Und wie das mit der Zukunft so geht ... Siehe oben: gegen die Gegenwart anschreiben. (Das
komplette Manifest.)
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