16. Mai 2006

Es hat schon was Rührendes. Daß jemand geneigt ist, sich ein "Leck mich!" auf die Stirn zu schreiben. Eine verloren gegangene Ansicht, wie sich zeigt ...

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So das Wesen von Fundstücken. Ausgestreutes. Für das ich ein Faible habe. Diese Finderei ist eine wunderbare Sache. Die sich gelegentlich danach anfühlt, als habe man ein Kind versehentlich im Spielzeugladen eingesperrt.

Ich bin selbst eben gefunden worden, blieb aber den Findenden nicht erhalten. Denn die inhaltliche Orientierung eines großen Grazer Kunstpräsentationsvorhabens hat mich gegen den Wunsch aufgebracht, für dieses Projekt eine Jury-Tätigkeit anzunehmen. Dieses Vorhaben ...

"... ermöglicht es bekannten Künstlern sich auch sozio-kulturell zu engagieren ..."

Dieser Satz weiß unter Garantie nicht, was er meint. Oder tut es die Autorin? Ist "Das Soziokulturelle" eine Art Notfall per se? Und sind "bekannte", also möglicherweise professionelle Kunstschaffende tendenziell asozial? Hm.

"Unsere Zeit verlangt eine Weiterentwicklung und Ausweitung der Kunst-Idee ganz allgemein auf die Gesellschaft."

Da wäre ich nun rasend neugierig, was das sei, "die Kunst-Idee". Ah ja, hier kommt's. Dieses mindestens aus der Nazi-Ära heraus so wohlbekannte anti-intellektuelle Ressentiment:

"Schlagworte wie *Mitbestimmung und lebenslanges Lernen* können nicht über den Intellekt sinnvoll umgesetzt werden, sondern nur über das Gefühl im einzelnen Menschen wachsen."

Ist das jetzt "die Kunst-Idee", dieses "Nichtintellektuelle"? Und warum sitzt eine Abgeordnete zum Nationalrat, die selbst Kunstschaffende ist, in einer Jury, welche solchem unsäglich dummen Geschwätz gewidmet ist? Was sind denn das für Leute, die da über die Vielfalt künstlerischer Praxen herfallen?

(Das Thema Zensur, das ich vorgestern aufgegriffen hab, werde ich später weiterführen ...)

Cut!

Fundstücke! Im Film "A beautiful Mind" gibt Ed Harris den Agenten Parcher, der sich schließlich als Wahnidee des schizophrenen Mathematikers John Nash (Russel Crowe) erweist. Parcher sagt an einer Stelle des Streifens:

"Der Mensch ist in dem Maße zu Greueltaten fähig, wie es seine Phantasie zuläßt."

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Cut!

Darf ich als bekannt voraussetzen, daß unzählige Regierungen und vermutlich Millionen Menschen rund um Stammtische, welche sich allesamt der "abendländichen Kultur" zurechnen, ihr Verhältnis zu islamischen Mitmenschen höchst wahrscheinlich als etwas gespannt betrachten? Mindestens die letzten zehn Jahre waren reich an die Auflagen von Boulevardblättern fördernden Konflikten.

Vor solchem Hintergrund läßt sich die Innenministerin Österreichs, Lise Prokop, mit dieser Aussage zitieren:

"45 Prozent der in Österreich lebenden Moslems sollen an Integration kein Interesse haben." (Siehe den gestrigen Eintrag!)

Dabei war in den Blättern nicht zu lesen, nach welchen Kriterien hier welche Quellenlage von Frau Prokop strapaziert wird. Wie auch? Laut "Austria Presse Agentur" soll es sich da um eine Studie handeln, die noch nicht einmal fertig ist, die deshalb nicht vorliegt und nicht eingesehen werden kann:

>>Innenministerin Prokop will die Studie über die Integration von Moslems in Österreich "in den nächsten Tagen" präsentieren. Gegenüber der APA erklärte die Ministerin am Montag, die Studie sei "im Fertigwerden". Sie müsse noch von den wissenschaftlichen Experten der Universität Erlangen "abgesegnet" werden, die gemeinsam mit der Sicherheitsakademie und dem Integrationsfonds die Studie erstellt haben.<<

Konnte die Frau Minister das Erscheinen einer fertigen Studie, welche üblichen Kriterien der Wissenschaft gerecht werden sollte, nicht abwarten? Offenbar. Und was, wenn sich dieses Gerücht als unhaltbar erweist? Wie dann den Schaden revidieren, der gerade auf dem Boulevard aufgekocht wird? Wer von Regierungsseite aus bei solch unvollständiger Quellenlage derart brisanten Annahmen promotet, ist auf jeden Fall im Vorfeld der Brandstiftung tätig. Es ist entsetzlich, daß Menschen von Rang so agieren.

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