22. April 2006
Es ist eine neue Birne in der Stadt. Gewesen. (Das meint:
aufgegessen.) Ich hab vor einigen Tagen eine sehr
ungewöhnliche Birne in Händen gehabt, zu der diese in einem schönen Kontrast steht. Was
mich inzwischen an die Möglichkeit von Obst- und Gemüseportraits denken läßt.
Ebenso würden mich Portraits von Automobil-Ärschen
reizen. Was mir zur Landschaft von Heckpartie an diesem 1957er Chevrolet Nomad eingefallen
ist. Das ist die Kombi-Version des vielbesungenen "57er-Chevy",
der im Genre notorisch mit lauten Gitarren, Stromgitarren, assoziiert wird.
Die Szene ist dem Film "Sin City" entnommen. Der
mich ausdauernd erstaunt. Weil ich mich lange gefragt habe, wo Regisseur Robert Rodriguez
hin möchte. Über die Mariachi-Serie,
über das fast ermüdend wiederkehrende Durchspielen einiger Motive und Attitüden. Wonach
mich dieser Sprung überrascht hat, der in "Sin City" die Arbeit zu einer Wucht
und Kraft der Bilder verdichtet, mit der ich nicht gerechnet hätte, die ich mir nicht
vorstellen konnte.
Das bringt mich alles wiederkehrend für Momente in
Verlegenheit. Weil ich dem Selbstverständnis nach Autor bin und dabei immer
bildversessener werde. Weil ich im Text wohne, wo sich Zeile für Zeile die Linien einer
Geschichte ausbreiten und an irgendwelchen Horizonten verlieren. Während mir die Bilder
immer anziehender werden, die dem Blick keine Wegstrecke, sondern einen kleinen Tanz
auferlegen.
Es naht der hundertste Geburtstag des altösterreichischen
Mathematikers Kurt Gödel. Was mich auf eine Klarheit der Mathematik gestoßen hat. Daß
ein einziger unwahrer Satz genügt, um ein ganzes logisches System als unwahr auszuweisen.
Worauf mir die Autorin Barbara
Neuwirth in einer Mail schrieb:
"Daß das ganze System nicht stimmt, wenn ein Satz
nicht stimmt, entspricht komplett meiner Erfahrung ;-)))"
Das ist, wenn auch augenzwinkernd vorgebracht, eine sehr
stichhaltige Anmerkung zur literarischen Arbeit. Und in gewissem Sinn furchterregend. Daß
diese strenge Anforderung durchaus gilt. Nicht in einem moralischen, sondern in einem
handwerklichen Sinn. Was vor allem in umfangreichen Texten entsprechendes Gewicht bekommt.
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