18. Februar 2006

Ich komme zur Zeit nicht gar so sehr in der Gegend oder in der Welt herum. Weshalb ich es sehr genieße, daß ich schon innerhalb eines Radius von bloß 30 Kilometern mit Menschen aus völlig anderen Kulturen zu tun haben kann. Denn bloß unter "meinen Leuten" würde mir das Leben sehr fad werden.

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Das war also unsere Session im "Nil", die ich unlängst erwähnt hab. In einer Besetzung aus etlichen Ländern Afrikas, aus Rußland und dem Iran. Die Differenz und die Berührungspunkte. Das ist es, ist das Anziehende für mich. Beides. Im Wechselspiel mit einander.

Ein Aspekt, der in so vielen Bereichen Gewicht hat. Wie ich etwa in den letzten Tagen deutlich zu machen versucht habe: mein Denken ist aus dem Kräftespiel zwischen Orthodoxie und Häresie erwachsen. Und nicht etwa daraus, daß eines sich durchgesetzt und das Andere aus der Welt verdrängt hätte.

Konsequenter Weise kann ich mit der Sprachregelung "multikulti" nichts anfangen. Weil mir darin zu wenig das anklingt, worauf ich aus bin: "Die Praxis des Kontrastes". Wir sind ja sogar physiologisch darauf abgestellt, die Welt in Kontrasten zu erfahren. Fallen die Kontraste weg, "erblinden" unsere Sinne.

Ich lese nämlich dieser Tage wieder auf Plakaten, jemand sei "die einzige Heimatpartei". Wo man nicht weiß, was das genau sein soll: "die Heimat". Aber die Partei läßt deutlich werden: es ist GEGEN Kontraste gedacht. Also eine Partei FÜR das "Erblinden". Solche Herolde staunen offenbar nie über das ewig Gleiche im eigenen Gestammel. Was vermutlich daher kommt, daß sie nur sich selbst zu hören imstande sind  ...

Cut!

Ich habe gestern unter Staunen erzählt, daß Literatur-Ikone Alfred Kolleritsch einst Angst gehabt habe, es könnten ihm eines nachts seine Zehen explodieren. Am Nachmittag staunte ich dann über das aktuelle "Falter"-Cover:

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Da ist sie wieder. Diese Rebellen-Pose. Die vor allem unter Kunstschaffenden meiner Generation so großen Anklang und reichlich Nachahmung fand. Pose wohlgemerkt. Es rührt. Wenn ein honoriger Pensionist, der so viele Verdienste hat und Ehrungen erfuhr, der als Mittelschullehrer Gutes getan und Schutz genossen hat, denn das ist ja keine schlechte Sache, wenn man mit solchem Salär auch die eine oder andere Freistellung erlangt, in der man seine Verdienste mehren kann, wenn von solcher Position aus dieses Cover herauskommt.

Das ist eben mein Österreich. Wo man aus solchem Holz Rebellen schnitzt. Schmerz suchen. Schmerz verursachen. Donnerwetter! Na, ich denk nun nicht an Jelinek oder Handke oder Bernhard, die mit Werken und Auftreten gleichermaßen für Verstörungen gesorgt haben. Denk ich an Innerhofer, der sich selbst das Leben nahm? Nein! Es muß da noch irgend eine Konzeption der "sanften Rebellen" geben, die sich mir bis heute nicht erschlossen hat. Die in einem eher bürgerlichen Lager des steirischen Literaturgeschehens besonders radikal gelebt wird.

Vor einigen Tagen las ich im "Standard" eine Headline, die dem auf einem Foto grinsenden Kurt Vonnegut gewidmet war. Jenem merkwürdigen Literatur-Berserker, der die "Sekte vom verschwunden Jesus" erfunden hat. Dessen Texte mir manchen Schrecken und viel Gelächter verursacht haben. Der Vergleich der beiden Headlines lohnt. Während der "Fredi" also wehtun muß, verkündet Vonnegut augenzwinkernd: "Ich hab mich satt!".

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7•06