18. November 2005Warum ist bei so auffallend vielen
Selbstbedienungswaagen die Taste 1 mit Bananen belegt? Besteht da ein internationales
Abkommen? Oder ist es eine Verschwörung? Mein Kaufmann hat es mir erklärt. Bananen sind
"Umsatzbringer". Sie werden das ganze Jahr über angeboten und sind relativ
teuer.
Cut!
Was ist heute noch neu in meiner Sammlung wissenswerter Dinge, die man nicht wissen
muß? Ich bin manchmal so versessen auf diese Frage: Was gibt es noch in der Welt?, daß
ich unlängst sogar erwogen hab, meinen Wortschaft alphabetisch aufzulisten, um
rauszufinden, wie viele Wörter er umfaßt und ... was dann noch fehlt. Das wäre ja keine
rasend sinnvolle Tätigkeit, aber genau deshalb eine sehr anziehende Idee für mich.
Denn meine Arbeit zeigt mir immer wieder, daß es nicht nur Jahre, daß es Jahrzehnte
dauern kann, bis sich die Sinnhaftigkeit so eines Details erschließt. Oder auch gar
nicht. Und das ist eine Art kühner Luxus, der mir sehr gefällt. Also, was wäre da noch?
"Righto!" Marcus Williams schrieb eben: "as we say in New Zealand...
righto! untill sat/sun then". Da gehen wir nämlich unser "Smoke in"-Session
durch, bevor es mit der Performance ernst wird.
Cut!
Erinnern Sie sich an James Krüss. Nein? Waren Sie kein Kind? Weihnachten naht
unerbittlich. Mein Dämon Vogeltanz
hat mir grade nette Post zugespielt. Eine Fotographie von "gestern im metro markt
...":
Das paßt ja famos in die Jahreszeit, wo der Prozeß um den grauenhaften Tod des
Afrikaners Seibane Wague gerade überdeutlich gemacht hat, daß man fragen muß, wie weit
Rassismus in das Personal der Republik hineinreicht. Und warum die Republik bei der
Verwaltung ihres Gewaltmonopols so stümperhaft dasteht. (Es wird mir ganz klamm, wenn ich
die Ausflüchte von Wiens Polizeipräsidenten und von der Innenministerin erfahre. Man ist
in der Sache also auch in den höheren Etagen mit erschreckender Inkompetenz geschlagen.)
"Zehn kleine Negerlein". Das gleichnamige Buch von James Krüss ist nimmer im
Handel. Es gab auch mal einen Krimi von Agatha Christie ("And then they were
none") mit diesem Titel seiner deutschen Ausgabe. Der Scherz-Verlag hat den Titel
aber inzwischen geändert. (Ha! Überraschung. "Hatschi Bratschis Luftballon"
von Nazi-Günstling Franz Karl Ginzkey ist noch erhältlich.)
Dieses üble Machwerk über das staunenswerte Verschwinden von patscherten
Afrikanerleins hat schon meine Kindheit belebt und unsereinem sacht wie sanft angeboten:
Mach dir keinen Kopf, wenn so eins plötzlich futsch ist. Einfach futsch. Die sind ja
leider auch zu deppert um dazubleiben, unterstellt das Liedchen:
Nachzulesen etwa auf "kinderlied.de". Was noch? Na, das reicht wohl ...
Cut!
Dostojewski mußte für das Lesen eines aufrührerischen Briefes einige Jahre in ein
Lager nach Sibirien. Wovon sein Roman "Aufzeichnungen aus einem Totenhaus"
erzählt. Eine für uns unvorstellbare Situation. (Für Schreibende in manch anderen
Ländern ein realsitisches Szenario.)
Ich hab gestern Überlegungen zum Verhältnis
zwischen Machthabern und Kunstschaffenden angestellt. Es ist in unserer Kultur noch nicht
gar so lange üblich, daß Herrschende sich vom Kunstfeld her kritische Töne anhören
müssen.
Verlockend, dabei etwa an Vaclav Havel zu denken. Oder an Ken Saro-Wiwa, der allerdings
seine Haltung mit dem Leben bezahlen mußte. (Siehe Eintrag vom 1. September.) Frankreich hat darin eine bemerkenswerte Tradition und
bietet einige ermutigende Beispiele. Emile Zola trotzte im Fall Dreyfus der Regierung und
dem mächtigen Militär. Er geißelte dabei den Antisemitismus. Von Sartre heißt es, so
lange er am Leben gewesen sei, habe sich die Reaktion mit manchen Auffassungen nicht an
die Öffentlichkeit gewagt.
Österreichs Tradition ist auf diesem Gebiet eher
bescheiden. Nestroy im Vormärz. Wer fällt mir noch ein? Hm. In der Zweiten Republik gibt
es zwar eine bemerkenswerte Konzentration rebellischer Posen. Die münden aber
gelegentlich in eine Ordensverleihung der Republik Österreich. Die einst "wilden
Hunde" werden Professor ...
Freilich gibt es dazwischen einige sehr
bemerkenswerte Intellektuelle, die eine Herausforderung für die Republik sind, ohne dabei
besonderes Getöse zu erzeugen. Ilse Aichinger, Barbara Frischmut, Peter Turrini zum
Beispiel.
Meine Generation hat dem, so weit ich sehen kann,
nichts beizufügen. Es dominieren rebellische Attitüden, wenn man unter sich ist, beim
alljährlichen Antichambrieren in den Amtsstuben läuft ein gänzlich anderes
Pausennümmerchen und über die Jahre ändert sich fast nichts an den üblichen
Abhängigkeiten. Peter Landerl faßt das in seinem Buch über den
Literaturbetrieb sehr lapidar zusammen