3. Dezember 2004
Da hat ein heimischer Politiker im "Megaphon" ja schaurig zugelangt.
Denn daß Literatur fast ausnahmslos, zu 90 %, "völlig unpolitisch" sei,
möchte man eigentlich nicht hoffen. Aber vielleicht ist diese Aussage bloß ein Hinweis
darauf, daß wir "das Politische" schon so sehr als eine Kategorie des
Parteilichen wie Parteiischen verstehen, da verblaßt völlig die Erinnerung daran: der
Begriff leitet sich aus zwei Kategorien her, der Polis (Gemeinwesen) und der Politiké
(Staatskunst). Sei also, im günstigstens Fall, eine Balance zwischen Bürgerinnen und
Bürgern einerseits, Professionals andrerseits ...
Was empfiehlt, wenn schon "die Politik", dann
jedenfalls nicht auch "das Politische" bloß den Professionals zu überlassen.
Cut!
Sabine Vess schrieb aus Peru:
"Kunst ist immer 'politisch', auch wenn sie den
Stempel nicht trägt und das Wort nicht in ihr vorkommt. Sie ist nie freibleibend. Das zu
erkennen und dass es kein Zurück gibt, war ein langer Prozess."
("Scene" aus "Painted
Book" von Sabine Vess)
Cut!
In einer mahnenden Email an
Österreichs Bildungsministerin Elisabeth Gehrer konstatiert "bureau head agent"
Indrid Cold vom Headquarter des "discordian secret service" THE LIE:
"es geht hier um die zukunft der gesellschaft. und
die darf nicht so aussehen wie karl-heinz grassers steuererklärung, wolgang schüssels
designersofa, alfred gusenbauers weinkarte oder jörg haiders wanderroute."
Cut!
Aufgeplusterte Männchen, mit Blankwaffen oder PumpGuns in
Händen, so oder so Posen des erigierten Kleinbürgers, ob Oversea-Arnie oder Hace Strache
im einstmals imperialen Wien ... was ist denn das mit der Duelliererei, dem Herumwummern
in Wohnzimmern, Küchen und dunklen Ecken?
Strache durfte man heuer schon als Fachmann des Völkischen konsultieren. Neuerdings macht
er als Fechtmeister von sich reden. Ein harter
Bursche? "Net wirklich", wie der Volksmund sagt. Hier schon erwähnt: würde er
vier Tage, mit einem Kleinkind allein gelassen, überleben? Vor allem aber: würde das
Kleinkind überleben? DAS sind Kategorien ...
Mit dem Bolzen, aus einer Armbrust abgefeuert, konnte man
einst jede Ritterüstung durchschlagen. Das ließ den Recken im immer schwereren Panzer
erstarren, bis dieser Typ Held ein Fall für die Liste der bedrohten Arten war. Ganz
bemerkenswert: die symbolischen Parallelen zum "soldatischen Mann", wie ihn der
Faschismus gebraucht und hervorgebracht hat: mittelalterliche Männerphantasien,
knüppelharter Körperpanzer, ersticken an der eigenen Härte und Lieblosigkeit ...
Feuerwaffen ließen den Schwertkampf, Mann gegen Mann, zum
völligen Unfug verkommen, militärisch absolut bedeutungslos werden. Das Potential zur
Massentötung, wie es Kanonen im augehenden Mittelalter auf die Schlachtfelder gebracht
haben, gab diesen Inszenierungen den Rest. Und spätestens in den Trommelfeuern des Ersten
Weltkrieges, im Schußfeld der damals neuen Maschinengwehre, blieb nichts mehr an
Bedeutung von dem, was streitlustige Gockel vor allem im 18. und 19. Jahrhundert bis zur
Weißglut ihrer Herrscher und gegen strengste Gesetze zelebrierten:
Theatralische Gewalttätigkeit. Duelle.
Derlei offenbar nur schwer diskreditierbare
Männerblödheit hat Arthur Schnitzler in seiner Novelle "Leutnant Gustl"
brilliant und schlüssig bloßgestellt. Zitat:
"Was guckt mich denn der Kerl dort immer an? Mir
scheint, der merkt, daß ich mich langweil' und nicht herg'hör ... Ich möcht' Ihnen
raten, ein etwas weniger freches Gesicht zu machen, sonst stell' ich Sie mir nachher im
Foyer!"
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