kunst.rasen: wovon handelt kulturpolitik?

Weitere Publikations-Honorare

Als Bewohner der "Provinz" kann ich hier eine Medienlandschaft bewirtschaften, die mit sehr bescheidenen Ansprüchen rechnet. Oder umgekehrt formuliert: Die sehr bescheidene Honorare bietet.

Die Einkommenssituation bei der Arbeit für die WOCHE habe ich HIER schon dargelegt. Andere Blätter übernehmen sporadisch Geschichten bzw. vergeben kleine Aufträge. Da bringt die halbe bis ganze Seite (Minimum 3.000 Zeichen) zwischen 50,- bis 100,-, manchmal 125,- Euro.

Wohlgemerkt: BRUTTO. Für Steuer, Sozialversicherung, Bürobetrieb und Kommunikationskosten sind locker 50 Prozent jeden Rechnungsbetrages fällig. Daran muß immer wieder erinnert werden, denn es sind etliche Kilometer zu rennen, bevor man mit einem Monatseinkommen über die Armutsgrenze kommt: [link]

page07.jpg (45412 Byte)

Lustig! Abr nicht realistisch.

Simples Rechenexempel: Möchte ich also ein Netto-Monatseinkommen von 1.200,- Euro erreichen, müßte ich dafür Monat für Monat rund 20 "Vollgeschichten" verkaufen. Das ist natürlich real nicht leistbar, dafür gibt es hier auch nicht den Markt.

Bei diversen online-Medien werden ebensolche Beträge angeboten. Daneben gibt es durchaus auch den Modus "11,- Euro pro Arbeitsstunde". Wiederum BRUTTO versteht sich, macht netto 5,50 Euro.

Das würde bei den erwähnten und beschiedenen 1.200,- Euro pro Monat 218,2 Stunden verlangen. Das wäre eine 54,5-Stundenwoche. Natürlich ohne Urlaub und gesicherten Krankenstand.

Außerdem schreibe ich  manchmal kostenlos für ein Blatt, weil die Präsenz darin mir für mein Geschäft was bringen könnte. Klar, es steht mir frei, auch für potentere Blätter zu schreiben, falls ich a) an den Orten dieses und jenes Geschehens bin und/oder b) exzellente, ortsunabhängige Beiträge zuwege bringe.

Beim "Falter" waren früher ganz passable Honorare zu kriegen. Aber da kam es auch vor, daß einen der werte Herr Redakteur eine bestellte Story zweimal umschreiben ließ, dann aber doch nicht publizierte und von Abschlagshonoraren noch nie was gehört hatte.

Macht nix, unsereins ist längst hartgesotten, abgebrüht, hat seine Benzedrin-Erfahrungen gemacht. Prinzipiell läßt sich sagen, daß auch im Kulturbetrieb, wie wohl überall, wachsender Druck möglichst schnell an die nächst schwächere Instanz weitergegeben wird; bis keine schwächere Instanz mehr übrig ist.

Das ergibt sehr wesentlich die prekäre Situation Kunstschaffender in Österreich. Weder Steuergesetzgebung noch Sozialversicherungsregeln sind dieser Situation angepaßt. Die Politik schnarcht in der Sache langjährig und damit hat sich die Sache.

Im sozialdarwinistischen Sinn, so viel Selbstironie muß sein, hat man ja die Freiheit, a) brillanter zu sein als man ist, b) sich auf dem Markt zu bewähren oder c) die Branche zu wechseln, wenn einem für diese ausreichende Talente fehlen.

Wer sich so lange Illusionen macht, daß er sie schließlich selbst glaubt, macht meist beim Reden übers Geschäft häßliche Geräusche. Warum ist all das hier überhaupt in diesem Ausmaß Thema?

Als Künstler bin ich nicht geneigt, speziell für den Markt zu arbeiten oder mich dem etablierten Kunbstbetrieb in höherem Maß anzudienen. Also muß ich mein Jahreseinkommen im kunstnahen Bereich schaffen.

Das prägt natürlich meine Auffassung dessen, was "freischaffende Künstler" seien. Die meisten der Leute, welche sich dieses Etikett anheften, sind gar keine. Wobei das "freischaffend" ja eine soziale Kategorie ist und keine der Kunst. Es betrifft die Frage wie und wo ich mein Geld verdiene.

Nach über dreißig Jahren in diesem Metier bleibt zu konstatieren: Bei mir ist es ein Groschengeschäft geblieben. Aber das ist nicht nur einigen eklatanten Schwächen der Kulturpolitik zu verdanken, das hat auch mit meinem zwingenden Bedürfnis nach einem Höchstgrad an Selbstbestimmung zu tun. Genau das kostet eben, das hat ökonomische Konsequenzen...

P.S.:
Ich hatte schon einmal eine heimelige Ferrari-Situation: [link]

[Wovon lebt der Krusche?]


resethome
48•11