freitag, der 1.
jänner 2010, part #6
Posted on Januar 10th, 2010
der krusche
ich hab im vorigen part beschrieben,
daß wir am 1. jänner 2010 neuerlich pläne geschmiedet haben, einige der regionalen
agenda im kulturbereich zu verknüpfen. ein fokus auf kunst, klar, aber nicht nur. denn
die kunst hat UMGEBUNG. die verschiedenen genres stüctzen sich alle gleichermaßen auf
ästhetische erfahrungen. selbst in den trivialsten versionen.
zwischen novi sad und beograd liegt der ort indjia. ich denke, auf jenem terrain habe
ich diesen noch fahrbereiten renault 16 aus den 1970er-jahren entdeckt. das war seinerzeit
ein stilprägendes design. massenproduktion, alltagsbewältigung, fetisch-fragen.
der ford model t aus den ersten jahren des zwanzigsten jahrhunderts war das vermutlich
letzte auto der geschichte, das hauptsächlich auf zweckrationale intentionen und motive
abgestellt gewesen ist.
damit will ich sagen, wir haben es beim auto mit einem fetisch zu tun, der eine
irritierende präsenz in unserem leben erreicht, dessen wirkungen fast alle lebensbereiche
durchdringen.
ich hab den mönchischen mechaniker schon mehrfach erwähnt. nikolica
superartist hatte sich vorgenommen, mir eine freude zu machen. auf dem rückweg von der
fruska gora, woher er selbst stammt, brachte er uns nach rakovac und stellte mich vor die
tore eines höchst seltsamen anwesens.
ich hatte eine stunde lang zu staunen. oben sieht man den mechaniker in einem seiner
räume. über ihm ein britischer mg b, links von ihm die nase eines deutschen
messerschmidt kabinenrollers. die frontscheibe dieses kuriosen vehikels stammt aus der
flugzeugproduktion und war im zweiten weltkrieg in den gefürchteten jagd-einsitzern von
messerschmidt montiert.
die große drehbank im hintergrund macht deutlich: der mann baut teile, die nicht mehr
erhältlich sind, einfach nach. die maschinchen im vordergrund hat er mir ausführlich
erklärt. eigenproduktionen. patchwortk. er verbaute dabei motorblöcke, getriebeteile,
gelenke und lager aus unzählichen fahrzeugen. so kam er preiswert zu einer ausstattung,
für die man sonst ein vermögen ausgeben müßte. (die kulturelle qualität solcher
fertigkeit, das maß an problemlösungs-kompetenzen dieses mannes sollte nicht
unterschätzt werden.)
eine besondere kuriosität der werkstatt sind diese zwei kalender
und zwar in
ihrer kombination. nicht wegen der halbnackten frau, ermüdender standard an unzähligen
männer-arbeitsplätzen, sondern wegen des zusammenspiels der barbusigen mit dem bildnis
von drasa mihajlovic, einem legendären general der tschetniks. (ein brisantes motiv:
autos, mädchen, helden
alles was ein kerl braucht.)
die cetnici waren königliche serbische milizen, später erbitterte gegner
der kroatischen ustaschen. gegenwärtig ist tschetnik ein gängiges
schimpfwort unter gegnern serbiens aus dem sezessionskrieg. (es wirkt schon ein wenig so,
also würde bei uns heute jemand das portrait des reichsführers-ss heinrich himmler in
der garage oder im büro hängen haben.)
dieser fiat 500 topolino, erstes baumuster, befindet sich ebenfalls in
einem der schuppen des mannes. die ganze begegnung illustriert jene kompetenzbündel, die
innerhalb der vier genres (alltagskultur, voluntary arts, kunsthandwerk und
gegenwartskunst). dieser topolino war eine konstruktive meisterleistung von
ingenieur dante giacosa, in der konsequenz des faschismus, die massen auch autombilistisch
zu bewegen. (wie in einander verzahnt all diese gschichten doch sind!)
[balkan
buro]