Blatt #184 | KW 36/2021
Der Elektrische
Ach Gleisdorf! Da gehe ich so vor mich hin. Brot ist aus, der
Einkauf fällig. Und dann das! In meiner Community gibt es ein
ganzes Rudel von Leuten, die würden umgehend heftige
Schnappatmung bekommen, wollte ich mich von hinten anschleichen,
um dann über deren Schulter sanft aber vernehmlich zu sagen:
„EEElektro-Mustang“. Zack! Krise!
Ford Mustang Mach-E
Eee-lek-tro-Muu-stang! Das geht gar
nicht! So hallt es seit einiger Zeit rund um den halben Erdball.
Der Groove: Was anfangs ein eher unbedeutendes Hausfrauen-Auto
war, so ein Zweitwagen für die Suburbs, machte eine brutale
Ikonen-Karriere, profilierte sich in Spielfilmen, hieb in die
Muscle Car-Szene rein und so fort. Mustang = Hype. Aber fesch.
Abschnittweise.
Nun also der Stang als Vollelektriker.
Schockschwerenot! Und dann so eine Blockhütte. Heißt
Ford Mustang Mach-E. (Frechheit!) Der hier überdies: 4WD. Den
Puristen haut es das Heu von Dach. Noch dazu kam die Startserie
aus Mexiko. Ich lächle und zitiere Johann Nepomuk Nestroy:
„Es ist alles Chimäre, aber mich unterhalt’s!"
Ich sehe das ja mit Schalk und mit Paparazzo-Augen: feine Beute!
Den Elektro-Stang hätte ich in meiner Gegend freilich nicht
erwartet. Aber schließlich erwischte ich kürzlich in Gleisdorfs
Zentrum zum zweiten Mal den Maximal-Mustang, also jenen von
Shelby: die Super Cobra.
Shelby Super Cobra
Auch meinen Lieblings-Mustang gab es Downton Gleisdorf schon in
freier Wildbahn: den Fastback mit der hinreißenden Heck-Linie
von 1967. Das ist eigentlich alles ganz banal. Es gibt immer
wen, der die nötige Hingabe hat, seine Mittel und Möglichkeiten
an so ein Fahrzeug zu ketten.
Dann fehlt es nicht an Erregungen, dank derer solcher Besitz als
Unfug markiert wird. Menschen mit Obsessionen sind herkömmlichen
Vernunftargumenten freilich kaum zugänglich. Bleibt also das
Spiel wechselseitiger Selbstdefinitionen durch Feinmarkierung.
„So wie der da ist, so bin ich nicht!“
Fastback-Stang a la 1967
Okay, dann weiß ich das jetzt. Ich aber, ein Automobilpaparazzo
und Exeget der trivialen Mythen, ein Mann ohne eigenes Auto,
befasse mich gerne mit all dem Zeugs; und sei es ein
Eee-lek-tro-Mu-stang. Tüftler tüfteln. Bastler basteln. Forscher
forschen. Ingenieure ingenieren. Und was tun Freaks? They freak
out! So what? (Meine Großmutter Marianne sagte gerne: „Nobel
geht die Welt zugrunde.“)
Wer Freaks an die Kette legen
möchte, wird in einer Demokratie die Politik und die
Gesetzgebung bemühen müssen. Mich schert das aktuelle Gezänk im
Elektro-Mobilität nicht. (Viel zu steile Erregungskurven!) Was
hab ich da sogar von versierten Leuten schon an einander
widersprechenden Ansichten gehört? Ich lausche erst einmal und
harre kommender Dinge. [Fortsetzung:
Sport Utility Vehicles]
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