Blatt #165 | KW 13/2021
Jener Freitag
Ich hatte eine perforierte Nacht hinter mir, folglich schlecht
geschlafen, und erledigte daher meinen Wochenendeinkauf etwas
müde. Seit Österreich vor rund einem Jahr in den Lockdown
gegangen war, hatte ich meine Haushaltsführung verändert. Mit
Einkaufszettel und Rucksack geht es jedesmal dann los, wenn der
Laib Brot aufgezehrt ist. Das Brot wurde zu meinem Kalender. Ich
kam also bepackt und müde ums Rathaus herum…
Johannes Reinisch im klassischen
6x6.
Das war der Vormittag, an dem mich
morgens noch eine Nachricht von Konstrukteur Heribert Lanzer
erreicht hatte. Die Operation ist gut verlaufen, aber Schmerzen
setzten ihm zu. Das sind grundsätzlich vertrauliche Dinge,
gehört hier aber gewissermaßen zu einem Stück unserer aktuellen
Geschichte. (Graz verdankt Lanzer einen wichtigen Teil des Rufes
von erheblicher Allrad-Kompetenz, die schließlich um die Welt
gegangen ist. Ich hab das
HIER schon skizziert.)
Als ich
von Erfinder Matthias Göschke Unterlagen zu seinem Konzept eines
Offroad-Fahrzeuges mit unglaublichem Raum zur Radverschränkung
erhalten hab, war klar: sowas hab ich bisher nicht gesehen. Aber
was sagt das schon? Ich wollte diesen Punkt mit Experten
erörtern.
Lanzer unter harten Bedingungen.
Dazu kam es schließlich durch
unsere 730er Session in Flöcking, wo wir an einem Feiertag den
Turnsaal der Volksschule nutzen durften. Striktes
Corona-Reglement. Genug Fläche, um mit Abstand zu sitzen. Genug
Kubatur, daß sich die Atemluft nicht mit Aerosolen anreichen
kann.
Launiges Schicksal: Lanzer wollte kommen, stürzte
davor schwer. Zwei gebrochene Rippen waren nicht alles. Das ist
einfach zu ärgerlich in solchen Zeiten, die uns ohnehin recht
wenig Spielraum für all unsere Vorhaben lassen. Aber damit
müssen wir eben arbeiten. Die 730er Session mit den Meistern hat
mir übrigens das Gefühl verpaßt, daß ich eigentlich doch nichts
von Autos verstehe.
Ich war verblüfft, welche
Kräftespiele da gezähmt werden müssen, was alles - jenseits
meiner Kenntnislage - noch eine Rolle spielt.
Ferdinand Micha Lanner, Enkel des Rennfahrers Ferdinand
Lanner, der bei Altmeister Johann Puch einiges bewegt hat,
kommentierte das mit tröstlichen Worten.
Lanzers Optionen
Lanner: „Aber das war, seit ich
bei der Fzg-Entwicklung mit dabei war, immer Ziel jeder
Entwicklung: störungsfreies Fahren ermöglichen. Der Fahrer und
die Passagiere sollen von der komplexen Technik gar nichts
bemerken. Bordwerkzeug minimieren, bis ‚muß überflüssig sein‘.
Fahrdynamik so auslegen, dass jeder intuitiv damit gefahrlos
fahren kann. Heute heißt das Assistenzsysteme. Und das Wort
DAU-sicher ist ja nicht so ganz kundenfreundlich. Dahinter
steckt natürlich jede Menge Physik. Und Erfahrung.“ (Anm:
DAU = Dümmster anzunehmender User.)
So, nun rundet sich
meine Geschichte von diesem müde abgearbeiteten Einkaufsweg im
harten Sonnenlicht jenes Freitags. Die hier erwähnte 730er
Session mit Göschke und den Meistern bezieht sich auf das
Projekt 730 von Göschke. Er hat das in eine klare Tradition
gestellt. Der Steyr-Puch Haflinger war der 700 AP = 700 ccm
Boxer auf kurzem Radstand. Mit 30 Zentimetern mehr Radstand
wurde draus der 703.
Göschke mit dem 730er Funktionsmodell
(unter Sperrklausel).
Die Kennungen der Serien-Pinzgauer
reichen dann von 712 bis 718. Göschke knüpft an diese Geschichte
an und legte es auf einen neuen Noriker an, eben einen 730. Ich
kam also bepackt und müde ums Rathaus herum… Da sah ich etwas
Aufmunterndes. Ein knorriger 6x6 im Feuerwehr-Outfit. Also wurde
ich munterer, zückte meine Kamera, sah im Näherkommen, daß der
Fahrer an Bord ist. Daher zeigte ich ihm die Kamera am
ausgestreckten Arm, denn manche Menschen reagieren irritiert,
andere sogar verärgert, wenn man ihr Fahrzeug fotografiert.
Ich hatte dann mit Johannes eine fröhliche Plaudere über die
Vorzüge des langen Pinzgauers. Außerdem drückte er mir einen
Sticker in die Hand. „Übrigens, wir arbeiten an einem
Elektropinzgauer.“ Das Projekt „Ecarus“.
Sowas interessiert mich sehr!
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