Blatt #162 | KW 9/2021
Die Grazer Allradisierung
Im Kreis versierter Petrol Heads würde ich ein wichtiges Gesicht
machen und sagen: „Ich hab einen echten Lanzer.“ Es war
nun einiges Kramen in einem verstaubten Winkel nötig, um das zu
belegen. Zum Glück ist mein Notizheft vom Juni 2012 noch
vorhanden.
Damals hatte ich den Konstrukteur Heribert
Lanzer kennengelernt und folglich mit einigen Fragen behelligt.
Lanzer ist eine der Schlüsselpersonen im Entstehen jener Grazer
Allrad-Kompetenz, die schließlich Weltrang erreichte.
In der Youngtimer-Szene dürfte sein
renommiertestes Projekt die Syncro-Version des T3 sein. Das
meint: VW Typ 3, Transporter 3, also die dritte Generation der
Transporter, Busse und Pritschen, denen Lanzer einen Allrad-Antrieb verpaßt
hat.
Diesen T3 mit permanentem Allradantrieb (Syncro) gab
es ab Ende 1984. Ein bis heute gefragtes Fahrzeug. Altmeister
Fredi Thaler hat mich im Sommer 2012 Lanzer vorgestellt, so
konnte ich mit meinen Fragen ankommen.
Diese kniffligen
Probleme, ein bestehendes Serienfahrzeug auf 4WD hochzurüsten,
ohne die Bodengruppe zu verändern, denn, so Lanzer, das käme
derart teuer, da können man gleich eine Neukonstruktion angehen.
(Auf dem folgenden Foto sehen Sie Lanzer vor einem T3 syncro,
dahinter ein Golf Country.)
Was die Zeichnung in meinem Notizheft betrifft, da ging es um
die Themen „Schlupf“ und „Hump“. Es ist physikalisch sehr
anspruchsvoll, eine standfeste Lösung zu finden, die
preisgünstig bleibt, um die Verteilung der Motorkraft auf die
vier Räder zu verwalten. (Massenfertigung bedeutet: da wirkt
sich jede zusätzliche Lamelle, jede weitere Schraube spürbar auf
die Preiskalkulation aus.)
Nun ist an Modalitäten zu
tüfteln, wie wir älteren Herren unter Covid-Bedingungen an einen
gemeinsamen Tisch kommen können, um mit einigen inspirierten
Leuten der nächsten Generation die Fragen eines zeitgemäßen
Allradantriebes zu erörtern, der das Zeug hat, einen
Konventionsbruch zu bringen.
(Auf dem folgenden Foto sehen Sie
Lanzer im Gespräch mit Fredi Thaler.)
Meine Unterlagen zu diesem Thema sind
nach wie vor mit einer Sperrklausel belegt, die ich durch eine
Verschwiegenheitserklärung zu bestätigen hatte. Diese Unterlagen
haben mir deutlich gemacht, daß das „Projekt 730“ nicht bloß
technische Implikationen hat, sondern auch historische Aspekte
berührt und ästhetische Fragen aufwirft. (Industriedesign ist
ein sehr spannendes Thema!)
Mein Part betrifft in dieser
Angelegenheit also kulturelle Zusammenhänge und ich werde
beizeiten zeigen können, wie diese Angelegenheit meine große
Themenstellung „Volkskultur, Popkultur, Gegenwartskunst“
berührt. Überdies haben wir bei Kunst Ost einige Tradition, die
möglichen Schnittstellen zwischen Kunst, Wirtschaft und
Wissenschaft zu bearbeiten.
Damit sind meine Neigungen
zum prozeßhaften Vorgehen in der Wissens- und Kulturarbeit zum
Klingen gebracht. Ein feiner Akzent für „Mythos Puch VIII“,
womit wir nun ein halbes Jahrhundert der Mobilitäts- und
Technologiegeschichte beleuchten.
Dabei unterstützt uns
im März 2021 die Gemeinde Ludersdorf-Wilfersdorf, mit der wir im
Kulturbereich schon etliche Kooperationen realisiert haben.
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Puch VIII] --
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