Blatt #130 | KW
41/2020
St. Margarethen an der Raab
Der Betrieb liegt gut sichtbar an der Straße zwischen Gleisdorf
und Feldbach. Der Vorplatz in der Funktion eines Schauraums.
Dahinter die Halle. Das hat für mich so seine Tradition, denn
während der 1960er Jahre sah ich mir aus dem fahrenden Auto
meiner Eltern die Augen aus, ob man unterwegs etwas
Interessantes zu sehen bekäme.
Das blieb mir bis heute. In den
1970ern waren wir dann halb erwachsen und selbst schon auf der
Suche nach einem guten Fang, der sich um das verfügbare Geld
heimbringen ließ. Da ich inzwischen ein versierter
Automobil-Paparazzo bin, die Kamera immer griffbereit,
werden solche Präsentationsflächen am Straßenrand von mir
routinemäßig im Vorbeifahren aus den Augenwinkeln gescannt.
In meiner näheren Umgebung sind mir die interessanten
Stellen natürlich vertraut, ohne daß ich noch darüber nachdenken
müßte. Ich erinnere mich, daß ich bei Reisenhofer vor etlichen
Jahren eine feine Rarität erwischt hab. Den Renault Sport Spider
in der Straßenversion - mit Windschutzscheibe. (Für den
Renneinsatz gab es den ohne Frontscheibe.)
Renault Sport Spider anno 2001
Das war im Mai 2001. Dahinter steht auf dem Bild die
rote VFR 750, mit der ich damals unterwegs war, mit der ich
die Motorradsaison meines Lebens abgeschlossen hab. Ein
wunderbarer Tourer (V4, wassergekühlt) und würdiger Schlußstein
in diesem Teil meinem Geschichte.
Nun also Franz
Tantschers Geländesport-Kollektion, ein Teil seiner Sammlung, an
jenem Ort, in der Halle des Autohauses Reisenhofer. Es
ist insofern eine besondere Markierung im Verlauf steirischer
Industriegeschichte, als ja vielleicht da und dort noch eine
ähnliche Motorrad-Sammlung steht, die sich in einigen Stücken
mit einem Teil von Tantschers Bestand deckt.
Das wird schon so sein. Allerdings stehen hier einige Motorräder
mit konkreter Geschichte, die andere daher nicht haben können.
Doch der Unterschied tut sich vor allem im Mann selbst auf, der
in den Puchwerken gearbeitet hat, der als Motorsportler aktiv
war, der Weltmeister Harry Everts persönlich begleitet hat, der
also an Teile dessen mitgearbeitet hat, was heute in
Ausstellungen landet.
Das macht einen Unterschied. Und
das ist eine vergleichbare Situation wie in den Anfangsjahren
bei Altmeister Puch, also vor dem Großen Krieg. Da waren Männer
wie Otto Hieronimus, Ferdinand Lanner oder Karl Slevogt
einerseits im Rennsport aktiv und andrerseits in der Entwicklung
von Motoren wie von Fahrzeugen tätig.
In dieser Tradition steht Tantscher, der eine obsessive
Begeisterung für Motoren hat, der nicht nur an diesen Aggregaten
schraubt, sondern ihnen auch lauscht, sie fühlen kann, also ein
feines Gefühl hat, was die Maschine in vielen Details, von denen
einer wie ich keine Ahnung hat, gerade tut.
Wir können
heute nicht sagen, welche Technologieschritte zu welchen
Konzepten führen werden, um in etwa 30 Jahren eine individuelle
Mobilität der gesamten Bevölkerung auf vertrauten Niveau zu
sichern. Und zwar ohne daß es dazu den gleichen massenhaften
Privatbesitz von einzelnen Kraftfahrzeugen mit
Verbrennungsmotoren geben wird wie heute.
Damit meine ich, das gesamte Setting wird sich bis 2050
natürlich massiv ändern. Warum auch nicht? Wie hat denn die
Kraftfahrzeugbranche ausgesehen, als Tantscher Lehrling war?
Kein Vergleich mit heute! Selbstverständlich ändert sich das
alles permanent.
Post Scriptum
Tantscher ist der Typ des Handwerkers, dem es eher Unbehagen
bereitet, vor den Vorhang gezerrt zu werden. Da gleicht er dem
Schmied Hephaistos aus den griechischen Mythen. Der hat
am liebsten in seiner Schmiede an seinen Projekten getüftelt.
Allerdings hat Tantscher dabei seine Ehe nicht versenkt, wie es
Hephaistos mit Aphrodite passiert ist.
Er und seine Annemarie wirken wie ein Team, das jedem Sturm
standhalten könnte..
-- [Franz Tantscher]
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