Blatt #93 | KW
30/2020
Mopedismus III
Frisieren, modifizieren, individualisieren
[Vorlauf]
Frisieren, modifizieren, individualisieren. Was ich die
letzten Jahre bei Klassiker-Treffen gesehen hab, läßt mich
annehmen, gute Monzas und Cobras gelten als zu rar. Sie werden
heute eher keinen gröberen Umbauten unterzogen. Da geht der
Trend zum ursprünglichen Originalzustand.
Individuell verfeinert: die Monza von
Walter Merkli
Gut, es
wird durchaus individualisiert. Das zeigt sich etwa darin, daß
jemand das Fahrzeug verfeinert, ihm etwas mehr Glanz und ein
paar Akzente verleiht, die das Teil ab Werk nicht gehabt hat.
Anders die Puch MC 50, eigentlich ein wettbewerbstaugliches
Cross-Mopperl, für das es auch damals schon ein amtliches High
Performance Kit gab. Gut, das galt nicht für die Straße.
Allerdings war die MC eine geschätzte Basis, um das Fuchzgerl in
Richtung Chopper zu gestalten; und zwar gemäß dem großen
Vorbild, der „Captain America“ aus dem Film „Easy
Rider“.
Due MC 50 a la "Easy Rider"
Ich kann
mich nicht erinnern, daß ich diverse M 50-Modelle in
modifizierter Form gesehen hätte, von eigenwilligen Lackierungen
abgesehen. Aber das fällt nicht unter Umbau. Allerdings kam
gelegentlich eine markant aufgebrezelte Stangl-Puch daher.
Im Norden Europas waren die Leute diesbezüglich kühner. Eine
MS 50 mit Apehanger, also dem überhöhten Lenker, dazu
langstielige Rückspiegel, ein pampiger Sattel, womöglich eine
Rückenlehne (Sissy Bar), und dazu Satteltaschen mit Fransen
naja, Geschmacksache.
MV 50: Verchromt, poliert, mit Zubehör verfeinert
Beim Puch
Maxi sieht das ganz anders aus. Da schlugen verschiedene
subkulturelle Moden durch. Cruiser-Stil, Renn-Hobel, Chopper,
Dirtbike, davon bekommt man heute mehr denn je zu sehen. Und
weshalb machen Menschen das?
Es ärgern sich ohnehin genug
Puristen, daß nun selbst gute Maxi-Rahmen langsam knapp würden,
was die Preise hochtreibt. Aber es bleibt eben dabei, daß hier
ein altes Massenprodukt zum Medium wird, mit dem Menschen
demonstrieren, was sie an Ideen, handwerklichem Geschick und
Gestaltungswillen haben, was sie überdies an Kraft und
körperlicher Gewandtheit aufbringen können, um Wettbewerbe zu
gewinnen.
Völlige Umdeutung des Ursprungs: Moto Cross-Maxi
Das hat
dann seine Veranstaltungen, seine Rituale, seine Codes. Es hat
sein Drumherum und allerhand Geselligkeit. Da zeigt man sich,
präsentiert, was einem gelungen ist. Da werden aber auch
Probleme gewälzt, wird Wissen ausgetauscht, werden Kontakte
geknüpft.
Nun könnte einem dämmern, daß es sich hier um
eine Volkskultur in der technischen Welt handelt. Das hat
starken symbolischen Charakter, aber das bedeutet auch: die
Dinge haben den Menschen zu dienen und nicht umgekehrt.
Reichlich Zubehör: Das Maxi als Cruiser
Es geht in all dem um Rang und Reputation, das ist klar. Es geht
auch um Werkstolz, um die Freude an dem, was einem gelungen ist.
Es hat uns die industrielle Massenfertigung eine weitreichende
Arbeitsteilung gebracht, in der Handgriffe reglementiert sind.
Das selbst Reparieren, aber vor allem das Customizing, das
Modifizieren und Individualisieren von
Fahrzeugen/Massenprodukten ist eine Gegenposition.
[Fortsetzung]
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Das Rennen
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