Blatt #61 | KW
9/2020
Puch 500 aus den 1920ern III
[Vorlauf]
Auf den vorigen Blättern sehen Sie die Halle(n) und einen Schuppen. Die
Halle von innen, den Schuppen von außen. Ich hab in der
Community nachgefragt, ob jemand etwas über die
Reparaturwerkstatt weiß, während ich vorerst annehme, das sei
nicht unbedingt die Halle, die man auf den Fotos sieht.
Stempel auf den Foto-Rückseiten
Constantin Kiesling, der sich vor
allem rund um den Allradbereich seit vielen Jahren mit der
historischen Steyr-Daimler-Puch AG befaßt, schrieb
dazu: „Nach Ehn (Puch Automobile 1900-1990, 1. Auflage, S.
91) zeigt das Bild die Austro-Daimler-Puch Reparaturwerkstätte
in Wien X. Später dürfte es dann nur noch ein Puch-Reparaturwerk
gewesen sein, siehe ‚100 Jahre Steyr 1864-1964‘ auf einer der
letzten Seiten.“
Da die Fotos auf der Rückseite
einen Hinweis auf den Schwarzenbergplatz tragen, meinte
Kiesling: "In Wien am
Schwarzenbergplatz gab es auch einen Ersatzteil- und
Werkzeugverkauf. Das Gebäude wurde 1958 errichtet und 2005
wieder abgerissen. Bild: 100 Jahre Steyr Buch." Das Gebäude
wurde also erst viel später errichtet, aber das Betriebsgelände
gehörte offenbar dem Konzern schon.
Ausschnitt aus dem Buch von Fritz Ehn
Warum ich dennoch skeptisch bleibe? Welche Quellen haben wir zur Verfügung? Gut, die Motorräder auf dem Zweier-Foto (Gegenschuß) tragen Nummerntafeln. Die Böcke, an denen gearbeitet werden kann, ihre Anordnung,
das Werkzeug an der Wand, Werkstätten sehen auch heute ähnlich aus.
Aber die Halde an Gespannen! Einfach eine Kombination vor Ort? Lagerhalle und Reparaturwerkstatt auf einem Set? Jedenfalls ist die Halle nicht ident mit dem Schuppen, der die Aufschrift „Austro Daimler Puchwerke A.G.“
trägt. Das Schild belegt die Ära zwischen 1928 und 1934.
[Große
Ansicht] Österreichs Kraftfahrzeugindustrie
litt zu der Zeit enorm unter den Folgen des Ersten Weltkrieges.
Rohstoff- und Devisenmangel, zunehmende Steuern, mangelnde
Kaufkraft der ganzen Mittelschicht, die einen großen Teil ihrer
Vermögen über die Kriegsanleihen verloren hatte, hohe
Schutzzölle in den Nachbarländern, nicht zuletzt die
Machenschaften von Spekulant Camillo Castiglioni.
Die erwähnte Ära (1928-1934) hatte einen bedeutenden
Schlußakzent in einem Spitzenprodukt wie der Puch 250 S4, mit
der vor allem enorme Motorsporterfolge möglich waren. Die
Gespanne mit dem Tank in "Papageienlackierung", von denen man
auf dem Einser-Foto so viele sieht, ist sehr wahrscheinlich die
Puch 500-Z, wie sie Ehn in seinem neuen Motorradbuch zeigt.
Baujahr 1931, blau-gelber Tank, so ein Firmenprospekt, das würde
mit Ehns Datierung des Hallenfotos übereinstimmen.
Das
Einser-Foto läßt uns durch eine offene Türe in eine benachbarte
Halle oder Werkstatt blicken. Deshalb halte ich für möglich, daß
das Zweier-Foto nicht unbedingt ein Gegenschuß zum Einser ist,
sondern eine andere Halle zeigt. -- [Tesserakt]
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