Blatt #53 | KW
5/2020
Notizen
Ich staune, wie heftig jene Debatten boomen, in denen Argumente
gegen die Elektrofahrzeuge aufgehäuft werden. Mir schien
kürzlich noch, daß dieser Kraftfahrzeug-Typ eine Nische befahren
werde und keine besondere Zukunft habe. Dann aber hat man mir
von kommenden Batterie-Arten erzählt, die das anders erscheinen
lassen.
Jede Menge Autos: Kleiner
Querschnitt aus meiner Sammlung
Zugleich hat Greta Thunberg eine erstaunlich große und heftige
Gegnerschaft erhalten. Wir begrüßen also nicht grundsätzlich,
daß unsere Kinder, denen wir noch vor einer Weile
„Politikverdrossenheit“ vorgeworfen haben, sich zu relevanten
Themen exponieren, Risiken eingehen, argumentativ und emotional
zugleich loselegen, uns dabei zur Rede stellen, statt Dinge
kaputtzuhauen. Gut, nehme ich zur Kenntnis.
Was nun die
Debatte Verbrenner versus Elektriker angeht, kann ich ja
verstehen, daß Kreise, die sich endlich ein großes Auto leisten
können, nun nicht ohne weiteres davon abgehen wollen. Wer die
Geschichte des Automobils kennt, weiß auch, daß es ein halbes
Jahrhundert lang nur für wenige Privatpersonen leistbar war und
daher ein soziales Statement darstellte.
Im Original annähernd unerschwinglich: G 63 AMG 6x6
Das Auto war von
allem Anfang an vor allem auch Ausdruck einer
wirtschaftlichen Potenz und sozialen Relevanz der Person,
die es besitzt. Die Süddeutsche ließ kürzlich wissen: „a)
Trotz der Klimadebatte wurden 2019 in Deutschland so viele
SUVs verkauft wie noch nie. b) Die Hersteller verdienen zwar
gut daran, haben aber zunehmend mit ‚sozialen
Akzeptanzproblemen‘ zu kämpfen. c) Denn die großen Autos
sind nicht nur umweltschädlicher, sie führen auch zu einem
Wettrüsten auf der Straße.“ [Quelle]
Das bedeutet so ganz nebenbei: Dieses hier erwähnte
„Wettrüsten auf der Straße“ handelt neben den ökologischen
Fragen von einer Wiedereinführung einer verstärkten sozialen
Hierarchie in der Automobilwelt. Da wird sich bald allerhand
über das Geld regeln.
Haben viele, kann sich im Original nicht jeder wirklich leisten:
G-Wagon (von oben) in 1:87, 1:64, 1:50 und 1:43
Individuelle Mobilität auf der
Basis eines massenhaften Privatbesitzes von Kraftfahrzeugen
mit Verbrennungsmotoren entstand überhaupt erst Ende der
1950er Jahre. Warum das genau so weitere 50, 60 Jahre laufen
sollte, kann mir niemand erklären.
Es gibt freilich
allerhand Hinweise, daß viele unserer Kinder und Enkel die
Distinktionsfragen vom Themenfeld Kraftfahrzeug abgezogen
haben und sozialen Rang über andere Optionen ausdrücken,
mitteilen.
Würde dies breiter zur Kenntnis genommen,
könnte die leidenschaftliche Gegnerschaft gegenüber Greta
und ihrer Gefolgschaft abebben, um Verstand und Emotionen
einem spannenderen Genre zu widmen, das wir aus dem 19.
Jahrhundert schon kennen.
Der Bischof von Rom kann es sich freilich leisten ;-)
Ich meine das Interesse und
die Zuversicht in der Zuwendung zu Dingen, die derzeit noch
nicht gedacht werden können. So wie Carl Ritter von Ghega
die Trassenführung der für uns bedeutenden Semmeringbahn
über Steigungen umsetzen ließ, für die es zur Bauzeit der
Strecke noch keine geeigneten Lokomotiven gab.
Aber
der Ingenieur ging davon aus, man werde technische Lösungen
für solche Probleme finden. Diese Art der Zuversicht, daß
wir Menschen anstehende Probleme ernst nehmen und uns
gemeinsam anstrengen, um sie zu lösen, fehlt mir etwas in
den derzeit so lauten Debatten.
Ich ahne auch, warum
das so ist. Sich zu empören, um eigenen Unmut auf Kosten
anderer abzuarbeiten, das ist der leichtere Job gegenüber
einer Herausforderung, schon jetzt für eine ungewisse
Zukunft Verantwortung zu übernehmen.
Freilich bin ich
einerseits für das Recht auf billige Unterhaltung, will
andrerseits nicht daran rütteln, daß Österreich eine
gewachsene Kultur des Grantelns hat. Wir sind die Enkel und
Urenkel von Untertanen. Da scheint es gut zu tun, sich gegen
jedermann und nach allen Richtungen aufzuregen. Das ist bloß
ein bißl fad…+)
Puch G
Prototyp
|