Blatt #28 | KW 41/2019
Notizen
Ein Tag mit der Sonne des Sommers und
der Kälte des Herbstes. Ich war vormittags in der Laube von
Altmeister Fredi Thaler gewesen. Es lag für mich ein Plakat
bereit, die Reproduktion eines Druckwerks aus dem Jahr 1966. Der
Pole Sobek Zasada hatte damals den scharfen 650er aus der
Puch-Familie sehr populär gemacht.
In Österreich war es dann vor allem
Hans Ortner gewesen, der gezeigt hatte, was mit dieser
Krawall-Semmel möglich ist. Das war eine Zeit, wo sich mancher
Fahrer im Werks-Porsche die Lippen blutig biß, weil er eine so
eine Grazer TR-Raketen einfach nicht abschütteln konnte.
In diesen Stunden des frühen 2019er Oktobers war Martin Vormann,
der Haflinger-Pilot aus dem Sauerland, schon nach Süden
unterwegs, um Graz zu erreichen. Kurz davor war eine E-Mail mit
dem Subject „Quetschen Datschen“ bei mir angekommen:
„Servus, guten Morgen, es ist noch finster, muss gleich durchs
Ruhrgebiet, hoffe die Ameisen haben sich gleich etwas beruhigt,
dann sollte es klappen.“
Foto: Martin Vormann
Das will
erläutert werden. Was er Quetschen nennt, sind bei uns
die Zwetschken, also Pflaumen. Vormann: „Hier schüttet es in
Strömen, die Natur benötigt den Regen dringend, nur hab ich
keinen Bock, draußen jetzt weitere Quetschen zu pflücken. So
eine Platte macht immer was her, bin sehr gerne mit den
lukullischen Dingen beschäftigt.“
Vormittags also
beim Altmeister in der Laube, abends mit dem Professor im
ruhigen Winkel eines entlegenen Gasthauses, wo am anderen Ende
der Räumlichkeiten jemandes Fünfziger abgefeiert wurde.
(Lächeln. Haben wir schon längst absolviert.)
Wir haben
unsere November-Session vorzubereiten. Ich werde in die
Vergangenheit blicken, Informatiker Hermann Maurer in die
Zukunft. Es betrifft das Wochenende, wo wir „Nächste
Spuren“ (Drei Tage im November) absolvieren, um für das
kommende Jahr ein paar neue Themenlinien aufzumachen.
In diesen Tage wird auch das Booklet
mit den Fotografien von Richard Mayr fertig sein, das ich mit
einem Essay begleite, in dem aus der Antike hergeleitet wird,
was wir unter Kunst und unter Handwerk verstehen. Der Volltext
ist hier schon online: [link]
Auf dem Foto sieht man Mayr in seinem Cockpit, dabei auf dem
Bildschirm eine der Arbeiten, die auch im Booklet vorkommt. Ein
wuchtiges Custom Bike vom
Blechmann.
Ich hatte mit Bernhard Naumann schon ein paar anregende
Begegnungen. Sein imposanter
Steyr Strömer war Thema bei einer früheren Station von
„Mythos Puch“.
Daraus wurde auch eine Postkarte,
die Nummer 16 in unserer Edition: [link]
Ich mag an meiner Arbeit sehr, wie all dieses Aspekte
ineinandergreifen. Andere haben mir schon den Rat geschenkt, daß
es töricht sei, diese Genres derart zu verzahnen. Ich weiß aber,
daß es hier noch tiefer reingeht, um etwas greifbar zu bekommen,
das unsere Kultur im Kern ausmacht.
Inzwischen war es drei Uhr morgens und ich werde nun noch etwas
Schlaf brauchen, Kommenden Abend bin ich im Puchmuseum von
Judenburg zu Gast, hab also eine angenehme Zugfahrt vor mir,
werde dort in der „Langen
Nacht der Museen“ die Haflinger-Geschichte referieren.
Derweil sortiere ich meinem Kopf aktuelle Fragen. Maurer hat
mir heute abend den
Gehschweber vorgeführt. Die Basis ist ein klassisches
Laufrad a la Drais. Das Teil ist nicht zum Fahren, sondern zum
Gehen gemacht, eine Gehhilfe für Menschen, die körperlich
geschwächt oder gehandicapt sind. Es hat einen Elektromotor
eingebaut, der den Menschen zum Hybrid werden läßt, wenn man das
wünscht oder braucht. |