Log #672: The Long Distance Howl 2018: Im fünfzehnten Jahr I
Die Wissens- und Kulturarbeit als Prozeß
hat mehr Zeitzonen als Termine, auch wenn Veranstaltungsschritte stets
mit einem konkreten Datum versehen sind. Was sich im Jahr 2002 als "Verschwörung der Poeten"
entfaltete, ebnete schon Wege für ein Langzeitprojekt. Zum 2016er Kunstsymposion
fiel es mir etwas schwer, im Blick zurück den Überblick zu wahren; siehe: "Der Kontext
und meine Komplexitätskrise"!
An einem bestimmten Punkt war mir 2003 klar,
daß ich einen konkreten Lebensraum quasi erforschen möchte; und zwar nicht in nobler
Distanz und mit wissenschaftlichen Werkzeugen, sondern indem ich diesen Lebensraum zu
meiner primären Bühne mache, bespiele, zu einem Ereignisraum, auf den ich einwirke. Jener Moment wurde damals mit einem Eintrag markiert und mit dem
vormaligen Botschafter Chiles verknüpft, mit Osvaldo Puccio Huidobro, den ich 1999 für
eine Dialogveranstaltung
in Gleisdorf zu Gast gehabt hatte.
Ein Mann meiner Generation, der sich einer Tyrannis
entgegengestellt hatte, daraufhin ein Folterlager überlebte und für seine Vorstellung
von Demokratie erneut loszog; siehe dazu: |
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Ich
bin ein Mann unter günstigen Bedingungen. Denn in meinem Land droht mir kein Soldat und
kein Kommissar. Ich habe eine Flasche Cabernet Sauvignon aus Chile vor mir. Und dies ist
„the long distance howl“. [Quelle]
Damals dachte ich zwischendurch, daß ich für etwas
pathetische Posen anfällig sei. Der Blick zurück stellt all das freilich in ein anderes
Licht. Es war nicht das letzte Mal, daß ich mich mit jemandem verständigen würde, der
solche Peinigung, Erniedrigung und Todesdrohung erlebt, überlebt hatte; als etwas, das
auch uns Spuren legt.
Der bosnische Dichter Muhdin Saric
Mit dem bosnischen Dichter Muhidin Saric war ich
diesbezüglich bei einer Veranstaltung im Jahr 2014 weiter getragen worden, als mir erträglich
schien, so daß ich meinen Part abbrechen mußte. Das ist die eine Seite dieser Prozesse.
Dieses Ringen um Anteile in einer Entwicklung, welche uns alle von Tyrannei und
Menschenverachtung wegbewegen könnte. Darin sind wir Menschen Europas seit etlichen
Jahren nicht gar so erfolgreich.
Eine andere Seite von "The Long Distance
Howl" ist der Gegenwartskunst gewidmet, den Positionsbestimmungen und den
dazugehörigen soziokulturellen Fragestellungen. Ein dritter (für mich sehr wesentlicher)
Bereich hat mit den Fragen und Aufgabenstellungen einer Wissens- und Kulturarbeit
abseits des Landeszentrums zu tun.
Das meiste an Inhalten und Programm, wie wir es heute in
der Provinz erleben, wie es aktuell von Kulturreferaten und Kulturinitiativen angeboten
wird, gab es Ende der 1970er, Anfang der 1980er noch nicht. Es war vom Ende der 1980er an
rund ein Jahrzehnt vielfältige Arbeit in der Region nötig, um das heutige
Programmangebot in seiner Vielfalt herbeizuführen.
Eine der ersten Studien zu unserer
Arbeit
Das bedeutet, "The Long Distance Howl"
bildet einen Teil dieser Prozesse ab und wurzelt in der unmittelbaren Vorgeschichte, die
inzwischen ein Stück steirischer Kulturgeschichte ist. Ich werde hier noch deutlich
machen, wie sich dieses kulturelle Feld entfaltet hat, wie es wissenschaftlich begleitet
wurde, welche Entwicklungen und Brüche dabei aufgetaucht sind.
Das Projekt "The Long Distance Howl" ist
eben deshalb als Prozeß auf zwei Jahrzehnte angelegt; um das zu erheben, darzustellen. Es
soll derlei Entwicklungen anschaulich machen können. Es mußte sich bisher auch als ein
Erfahrungsraum eignen, in dem geprüft werden konnte, was sich als Best Practice
eignet. Eine vergleichbare soziokulturelle Situation hat es davor nicht gegeben. Was
zwischen dem Ende der 1970er und den 2010er Jahren zu erleben war, liegt nun gut
überschaubar und reich dokumentiert hinter uns, hat heute völlig andere Bedingungen.
Solche Zusammenhänge liefern ein paar gute Gründe, des
fünfzehnte Jahr von "The Long Distance Howl" genauer zu betrachten.
Das aktuell vorrangige Kooperationsfeld ist bei uns im Bereich "Dorf 4.0" angelegt.
Die Projektsituation 2018 habe ich hier skizziert: [link] Diese nun über 30 Jahre
der Befassung mit dem, was damals als "Regionale Kultur- und Bildungsarbeit"
bezeichnet wurde, fließt aktuell auch in die Grundlagen des neuen regionalen
Projektes ein: "Ich
bin eine Geschichte" (Menschen blicken zurück).
Das sich dabei allerhand Interferenzen feststellen lassen,
liegt in der Natur der Sache. Der Kontext und die Hauptthemen sind für heuer klargestellt
und eingeführt. Im Kern geht es bei uns derzeit um die Genres Volkskultur, Popkultur und
Gegenwartskunst. Die laufenden Diskurse dazu sind hier überschaubar gemacht: [link]
-- [The Long Distance Howl] [Ich bin eine Geschichte] --
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