log #607: Walking ConferenceKontinuitäten:
Was ist Kunst?
In der Frage, was denn Kunst sei, tun sich auch Fragen nach den Bedingungen der Kunst
auf. Da sind also nun zwei Themenkomplexe markiert, zu denen wir den Rest des Jahres
weitere Debatten führen werden.
a) Was ist die Kunst, vor allem in ihrer Erscheinungsform als Gegenwartskunst?
b) Was sollte Kulturpolitik leisten, um die Zukunftsfähigkeit
eines bestimmten
Lebensraumes zu stärken?
+) Damit gehen wir auf das 2017er Kunstsymposion zu: "Artist
Is Obsolete" [link]
+) Damit wird die "Wegmarke 2017" zum Langzeitprojekt "The
Long Distance Howl"
diskursiv hinterlegt: [link]
Der größere kulturelle Themenbogen für diesen Prozeß im laufenden Arbeitsjahr wurde
hier schon mehrfach genannt. Es ist ein Thementriptychon wie folgt:
Volkskultur | Popkultur | Gegenwartskunst
Diese Verknüpfung hat eine ganze Reihe guter Gründe, vor allem aber mehrere
Kontinuitäten, die zu beachten uns hilft, den gegenwärtigen Stand des Kulturbetriebes
besser zu verstehen. Wir sind die ersten Generationen, in deren Dasein sich verschiedene
kulturelle Entwicklungen einerseits (einstmals) illiterater Bevölkerungskreise,
andererseits höfischer/"hochkultureller" Kulturen verwoben haben, um in einer
kühnen Mischung von trivialen und sehr raffinierten Kunstformen für viel Unruhe und
aufregende Perspektiven zu sorgen. Wir wissen heute, daß man auf jedem dieser Felder
exzellente Werke finden kann, die für wesentliche ästhetische Erfahrungen und
vielfältige Anregungen in einem kulturellen Leben gut sind.
Das rührt an markante Themen, die uns in den letzten Jahren wichtig wurden, wo Wissens-
und Kulturarbeit in der Region unter den Bedingungen geschwächter Strukturen und
verminderter Ressourcen funktionieren sollte. Ein wesentliches kulturpolitisches Thema
betrifft dabei eine Neuordnung von Rollen und Rollenverhältnissen:
Vom Subventionsempfänger zum Kooperationspartner
Das verlangt ein Umdenken bei allen Beteiligten. Adäquate Handlungsweisen müssen
dafür erprobt werden. Dabei liegt ein weiterer Themenkomplex nahe, der ebenso
kulturpolitische Brisanz hat. Was forciert man stärker?
Konsumation oder Partizipation?
Die erste Option handelt sehr wesentlich von Veranstaltungsangeboten, Events, Marketing
und Öffentlichkeitsarbeit, von Publikumszahlen. Die zweite Option handelt in der Regel
von ganz anderen, sehr viel kleineren Dimensionen, von anderen Verfahrensweisen, deren
Wirkungen überwiegend ohne "Wow-Effekt" und beeindruckende
Publikumszahlen auskommen müssen.
Wir leben seit rund 200 Jahren in einer permanenten technischen Revolution. Das hat,
wie der Rückblick zeigt, auch entsprechend rasante soziale Umbrüche zur Folge, was einen
stürmischen kulturellen Wandel fast zum Dauerzustand macht.
Für die Steiermark kann man das sehr gut an der Biographie des Erzherzog Johann von
Österreich festmachen. Sein Werk zeigt eine Radikalität im Ausloten all dieser Bereiche,
die für Angehörige der aristokratischen Eliten jener Zeit extrem untypisch ist. Beachtet
man, daß er, wie auch Alexander von Humboldt, im Mai 1859 starb, dämmert einem, welche
Ära das gewesen ist, von der so starke Veränderungsimpulse ausgingen. Seither ist die
Unruhe der Standard geblieben.
Wenn wir gerade heuer, 2017, diese komplexen Themenbereiche gemeinsam in das kommende Kunstsymposion
führen, dann auch, weil es Zeit ist, zu belegen, daß Provinz nicht "provinziell"
heißen muß.
Wir sind gut in der Lage, ein Kulturgeschehen zwischen trivialen Mythen und avancierter
Gegewartskunst in Gang zu halten, das uns zu Leuten aus dem Landeszentrum in Augenhöhe
bringt. Der aktuelle Hauptblock sieht wie folgt aus:
- Teil a: Niki Passath
...im Dialog mit Mirjana Peitler-Selakov (GISAlab)
- Teil b: Robert Gabris
...im Dialog mit Ursula Glaeser (KBS: KulturBüro Stainz)
- Teil c: Selman Trtovac
...im Dialog mit Heimo Müller (Blogmobil)
- Teil d: Martin Krusche
...mit dem komplementären Themenpaket "Koexistenz" (Hauslos |
Maschinerie | Kunst)
- - Teil e: Ewald Ulrich (Fokus Freiberg)
...im Dialog mit Martin Krusche zu Fiat Lux
Weiterführend: [link]
Im vorigen Beitrag war schon dargestellt, wie
unsere Kooperation mit dem KulturBüro Stainz sich rund um den Themenschwerpunkt Volkskultur
und Kulturlandschaft/ Flurdenkmäler verdichtet hat. Auf dieser Seite finden Sie auch ein
paar Zitate aus dem Landeskulturförderungsgesetz der Steiermark. Die sind interessant,
weil es eine bestimmte Themenlage illustrieren, zu denen wir uns mit der Politik und der
Verwaltung verständigen können: Wo sehen wir Konsens, wo Differenz?
Sie ahnen gewiß, dieser gesamte Arbeitsprozeß ist genau nicht auf spezielle
Publikumszahlen ausgelegt, auf Wow-Effekte oder skurrile TV-Auftritte, in denen selbst
bescheidene Handlungen als "In der Welt einzigartig" behauptet werden.
Die Erfahrung zeigt uns, daß relevante Wirkungen am ehesten im Rückblick deutlich
erscheinen.
Das befreit uns nicht von der Notwendigkeit einer Evaluierung und der Belege für von
uns verwendete Gelder, egal, aus welchen Quellen sie stammen. Aber es ist ein generell
anderer Arbeitsmodus als das, was ich regional hauptsächlich vorfinde.
Ich denke, wir werden heuer einiges deutlich machen können, was in einem recht kurzen
und schnellen Weg aus einer ständischen Gesellschaft heraus möglich wurde. (Kaiser,
König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann, Schuster, Schneider, Leinwandweber,
Kaufmann, Doktor, Totengräber...)
Das ist ein brisantes Thema: "Die Auffassung einer nach Ständen unterteilten
Gesellschaft prägte vom Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts das
Habsburgerreich." [Quelle] Auch, weil wir uns gerade am Vorabend von 2018 befinden, wo an
1918 zu denken wäre.
Unterwegs sollte nun auch noch geklärt werden, worin sich Popkultur, Popularkultur
und Populärkultur unterscheiden, also wofür die verschiedenen Begriffe stehen.
-- [Walking
Conference: Was ist Kunst?] [Wegmarke
2017] --