log #520: kunst ostDieses 2016er Jahr kündigt ein komplexes
Kräftespiel an, in dem wir einen Themenbogen bearbeiten, der dem weltweiten Lauf der
Dinge an einigen Stellen gerecht werden soll. Wir haben dabei momentan im Fokus, daß rund
1,5 Milliarden Globalisierungsgewinner sich der Tatsache stellen müssen, daß vor den
Toren ihres Wohlstandsreservates mehrere Milliarden Globalisierungsverlierer in Bewegung
gekommen sind.
Hermann Maurer, Professor for
Computer Science
Graz University of Technology and member of the Board of Academia Europaea
Das passiert in einer Zeit, da wir einen Wohlstand
genießen, der uns vergessen ließ, wohin uns eine aktulle Entwicklung gerade führt, da
wir uns seit wenigstens 200 Jahren in einer permanenten technischen Revolution
befinden. Damit meine ich auch, das Einzige, was gleich bleibt, ist die ständige
Veränderung.
Haben wir in der Sache bedacht, was die Daten 1814
- 1914 - 2014 bedeuten? Wiener Kongreß, Großer Krieg,
Umbrüche der EU. Jedesmal ist Europa, "Unser Europa", in
massiven Veränderungsschüben, will, nein, muß neu definiert werden.
Das geschieht, während unser Generalfetisch, das
Automobil im massenhaften Privatbesitz, langsam ein Fall fürs Museum wird, was
in unseren Köpfen keineswegs angekommen ist.
Die radikale soziale Revolution, in der
das Fahrrad eine damals völlig neue Art individueller Mobilität
herbeiführte, erhielt erst nach dem Zweiten Weltkrieg den nächsten trivialen Mythos. Das
Automobil im privaten Besitz, bei manchen Familien sogar eines pro erwachsener Person, als
Fundament einer Massenmotorisierung, war völlig neu und wird sich wohl
in der Form nie mehr ereignen.
Trendforscherin Claudia
Brandstätter (bmm: Erstes steirisches Trendbüro)
Wie erwähnt, diese Spielart der Massenmobilisierung
basiert auf dem Privatbesitz von Autos mit Verbrennungsmotoren, denen zwar prinzipiell
nicht so schnell der Sprit ausgehen wird, doch das führt absehbar wieder in Nischen
wohlhabender Menschen, wo dieser Teil der Automobilgeschichte ja im ersten Jahrzehnt des
20. Jahrhunderts begann.
Wir debattieren derlei Zusammenhänge derzeit unter anderem
in einer Runde, die Heimo Müller (Blogmobil)
zusammengeführt hat. Dazu gehören neben der Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov (GISAlab) und dem Unternehmer
Ewald Ulrich (Ana-U) zwei
Fachkräfte, die den Themen auf sehr spezielle Art verbunden sind.
Trendforscherin Claudia Brandstätter hat beruflich sehr
weitreichend mit der steirischen Automobilbranche zu tun, blickt also über die Gegenwart
des Metiers in die Zukunft der Mobilität. Hermann Maurer von der TU Graz tut das
auf eine noch grundsätzlichere Art, wobei er offenbar soziale, technische und kulturelle
Fragestellungen verknüpft.
Ich diskutiere solche Zusammenhänge aber auch mit einer
ganz anderen Community, die einen Teil dieser Geschichte repräsentiert. So etwa mit
Michael "Micky" Tieber (Foto Mitte) und seiner überaus lebhaften Youngtimer-Gang
(Alltagsklassiker).
Mitte: Michael "Micky"
Tieber, Frontman der "Alltagsklassiker"
Die Truppe bereitet übrigens derzeit wieder im engagierten
Team einen Japaner für das kommende 24 Stunden- Rennen am Nordring
in Fuglau vor: [link] Da wird also an der Praxis des Mythos gearbeitet. Das betrifft
-- nebenbei bemerkt -- in hohem Maß Autos aus den 1970ern.
Das war eine sehr spezielle Ära, da Leute meiner
Generation eine fast grenzenlose Menge an preiswerten Gebrauchtwagen vorfanden, die meist
eine robuste Technik hatten und ein markantes Design.
Der Sprit war billig, die Verkehrslage meist entspannt, das
Rauchen ist noch nicht schädlich gewesen, und Autofahren wurde mit Freiheit
assoziiert, die auch erlebt werden konnte, wo die Raumüberwindung nicht jene Hemmnisse
hatte, die wie heute kennen.
Genau diesem Thema und dieser Ära haben wir uns gewidmet. Kulturwissenschafter
Matthias Marschik [link] ließ sich mit mir auf ein zweites Buch ein,
das heuer im Verlag Brüder Hollinek [link] erscheint.
"Der kurze Sommer des Automobils"
beleuchtet diese spezielle Ära. (Verleger Richard Hollinek ist übrigens ein Athlet mit Faible
für klassische Rennräder, was auch gut zum Thema paßt.)
Das sind nun einige Motive, die derzeit bei unserer Arbeit
in Wechselwirkung stehen und sich über die Summe unserer Vorhaben entfalten. Das beginnt
gerade mit dem Aprilfestival, zu dem ich die Serie "Handfertigkeit
und Poesie" [link] gestartet hab. Das wird sich im Herbst in "Mythos Puch
III" [link]
niederschlagen, wozu ich derzeit zwei Themenschwerpunkte vorbereite: 1) Die Geschichte
des Mopeds und 2) Von der Arbeitskleidung zur Tracht.
Das leitet in Summe zum 2016er Kunstsymposion
über, dessen Thema "Koexistenz in Konvergenz" lautet: [link] Das thematische
"Trägersystem" dieser Geschichte ist die Phase zwo unseres kollektiven
Kunstprojektes "Fiat Lux": [link]
Dazu habe ich mit Mirjana Peitler-Selakov eine Idee
präzisiert, bei der ihre Tätigkeit als "Senior MTS, Quality Engineer –
Corporate Quality Assurance" bei Maxim Integrated eine wesentliche
Rolle spielt.
Mirjana Peitler-Selakov, Senior MTS
Quality Engineer bei Maxim Integrated
Wir werden in einer seriösen "Hazard
Analysis" Methoden, die bei Autos zur Klärung der „Funktionalen
Sicherheit“ üblich sind, auch auf das Kunstwerk anwenden. Ein Schritt der
Erprobung interdisziplinärer Modi, um an neue Klarheiten heranzukommen.
Das heißt, wie führen Fragestellungen ein, die uns
nennenswert veränderte Blickwinkel ermöglichen sollten. All das ereignet sich übrigens
in einem regionalen Gefüge, mit dem ich eine kulturpolitische Option ergründen möchte,
die sich über Orts- und Verwaltungsgrenzen hinwegsetzt. Keine Träumerei! Für das "KulturGeviert"
bin ich derzeit mit vier Bürgermeistern im Einvernehmen; Fortsetzung: [link]
-- [Fiat Lux II] --
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