log #378:
kunst.rasen: kulturpolitik[Vorlauf] Meine im vorigen
Blatt beschriebene Situation ist nur eine von etlichen Varianten, wie sich Kunstschaffende
in Österreich ökonomisch einrichten können; unter den Rahmenbedingungen, die wir eben
vorfinden.
Die grundlegende Entscheidung fällt immer wieder neu an:
Möchte ich als Künstler eher für den Markt arbeiten? Möchte ich es eher wie
Grundlagenforschung betreiben und mir mein Brot im kunstnahen Bereich verdienen? Suche ich
mir einen Brotberuf, egal in welchem Metier, um dann anderen Anforderungen nach
Möglichkeit auszuweichen?
Wie verhalten sich Kunstschaffende
und Privatwirtschaft zu einander?
Diese drei Optionen plus zahlreiche Mischformen stehen
meist nicht zur Debatte, wenn heute in der Steiermark sich jemand über die soziale Lage
Kunstschaffender in Österreich äußert. Eine entsprechend differenzierte Darstellung und
Debatte finde ich auch nicht bei Formationen wie der IG Kultur Steiermark.
Diese Standesvertretung tritt inzwischen vor allem als
Aufruf-Maschinchen in Erscheinung, bietet neben den Appellen in ihrer markigen
Appellationssprache noch manchen Link zu mancher Erhebung und Studie, das war's
weitgehend.
Auch der kulturpolitisch interessante steirische
Anlaßfall, die Künstlerhaus-Kontroverse, bietet uns im Web bloß einen (fast) toten
Briefkasten, mehr nicht: [link]
Was Kunstschaffende zu sagen haben, liefern uns momentan vor allem "Krone"
und "Kleine Zeitung"; siehe dazu: [link] Dagegen wirkt "KIG!
Kultur in Graz. Plattform für interdisziplinäre Vernetzungsarbeit." mit seinen
sporadisch verlinkten Beiträgen gerade noch wie ein Szene-Readers Digest: [link]
Warum überlassen wir diese Themen weitgehend den
etablierten Massenmedien? Warum reden wir nicht Klartext über unsere Bedingungen? Warum
überlassen wir es so sehr anderen Leuten, unsere Situation konkret und detailliert
darzustellen? Ich weiß es nicht!
Zurück zu meinem Modus!
Das 2010er-Jahr ermutigte zur Zuversicht, das 2011er-Jahr
lief ganz gut; auch wenn der dazu nötige Einsatz den Preis tiefer Erschöpfung hatte. Wie
im vorigen Eintrag erwähnt, in meiner Situation
müssen jedes Quartal Ergebnisse da sei, dazu gibt es keine Alternative.
Folge ich den üblichen Diskursen auf dem Boulevard, zeigt
sich angeblich folgende Problemlage Kunstschaffender: Unsere Rahmenbedingungen sind unter
aller Sau, die Politik setzt laufend falsche Entscheidungen, welche in die falsche
Richtung führen, von der Verwaltung ist eh nichts zu erwarten.
Mit der Wirtschaft werden wir auch nicht einig, weil dort
gewinnorientierte Ignoranten werken, die im Kielwasser des weltweiten Neoliberalismus uns
alle in den Untergang führen. Und das werte Publikum ist ünberdies zum Schmeißen, da
hat man entweder keinen Sachverstand oder eine Allergie gegen kritische Arbeiten, in Summe
also ziemlich keinen Dunst, was zählt.
Diese Skizze ist natürlich völliger Quatsch. Es werden
sich wohl kaum Professionals finden lassen, die in Debatten auf solchem Niveau einsteigen.
Es wäre eigentlich Zeit, differenziertere Beschreibungen des Metiers vorzulegen. Das
könnte einem kulturpolitischen Diskurs auf der Höhe der Zeit nützen.
Ich bin ein Professional, ein freischaffender Künstler.
Das kombiniert ZWEI verschiedene Kategorien. "Künstler" ist eine
Kategorie der Kunst, "freischaffend" nicht; das ist eine soziale
Kategorie.
Ich suche weder eine quasi-aristokratische Existenz a la
Feudalzeit, daß also mein Jahreseinkommen von zehn anderen Leuten für mich
erwirtschaftet würde, noch suche ich einen "geschützten Arbeitsplatz". Ich
möchte ein Metier repräsentieren, das -- wie etwa Bildungswesen und Gesundheitswesen --
für eine Gesellschaft relevant und wesentlich aus öffentlichen Mittel gesichert wird.
Welchen Anteil an dessen Gedeihen der Markt und die
Wirtschaft haben sollen, muß offenbar stets neu geklärt werden. Das sind übrigens
Fragen und Zusammenhänge, denen wir uns momentan bei "Kunst Wirtschaft
Wissenschaft" widmen: [link]
[Wovon lebt der Krusche?]
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