log #358: FMTechnik! Monika Wiedemann vom AMS Gleisdorf ist
Frauenreferentin und Gender Mainstream- Beauftragte. Sie erwähnte, daß es bei uns rund
400 anerkannte Berufe gebe, wovon etwa 270 Lehrberufe seien, also jene, für die man eine
Berufsausbildung in Form einer Lehre absolviere. Die Praxis zeige, daß etwa 66 Prozent
der Mädchen in nur sechs Lehrberufen tätig sein wollen.
Das ist eine ziemlich irritierende
Faktenlage. Die Diskrepanz zwischen denkbaren Möglichkeiten und real genutzten
Möglichkeiten ist derart eklatant, daß man gar nicht anders als von einer Verengung der
Perspektiven reden kann, die in unserer Kultur offensichtlich System hat.
Monika
Wiedemann
Angesichts dessen staune ich dann
schon etwas weniger darüber, mit welcher Heftigkeit unsere zunehmend säkularisierte
Gesellschaft sich um die Lebensbedingungen muslimischer Frauen kümmert. Man müßte sich
sonst womöglich um die eigenen Defizite scheren.
Die Soziologin Tanja Paulitz sagte es
pointiert: "Eine Männerdomäne ist keine geschlechtsneutrale
Angelegenheit". Sie und ihre Kolleginnen (Susanne Kink, Bianca Prietl) haben
beispielsweise gängige Stereotypen an der Realität überprüft, etwa im Bereich der
Softwareentwicklung. Es heißt ja oft, Frauen haben eher die sozialen Kompetenzen,
Technikbegeisterung sei ihnen fremd, während Männer ihre Talente für das Technische
auch um entsprechende Leidenschaft dafür ergänzen.
Das läßt sich aber weder an realen
betrieblichen Situationen, noch anhand von Befragungsergebnissen an den
Menschen belegen. Selbstverständlich gibt es in männerdominierten Betrieben auch soziale
Kompetenzen, sonst könnten die Firmen ja nicht florieren. Ebenso zeigen Frauen
Begeisterung, also starke Emotionen, für ihre Arbeitsgegenstände in technischen
Einrichtungen.
Wir hatten in der Anbahnung dieser
Veranstaltung derlei Aspekte debattiert. kunst ost"-Kuratorin Mirjana
Peitler-Selakov ist Diplom-Ingenieurin, kommt aus der Motorenentwicklung, hat während
dieser Tätigkeit Kunstgeschichte studiert und dann begonnen, Kunstprojekte zu
realisieren. Sie ist also beispielsweise mit ihren Emotionen und Kompetenzen in zwei
völlig unterschiedlichen Genres zuhause.
Gemeinderätin
Monika Frener (links) und Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov
Auf dem Kulturfeld ist es ganz
selbstverständlich, daß jemand Talente in sehr unterschiedlichen Genres pflegt. Doch in
der Motorenentwicklung wäre Peitler-Selakov wohlöauch kaum vom Fleck gekommen, hätte
sie sich all zu einseitige Fokussierung geleistet. Es geht also vielleicht etwas mehr
darum, uns a) aus zu engen Rollenkonzepten zu entlassen und b) unsere Vorstellungen von
Berufswelten etwas auf die Höhe der Zeit zu hieven.
Wenn so offensichtlich die meisten
jungen Mädchen von rund 270 Lehrberufe bloß sechs Berufsarten aufgreifen, wenn sie
überdies die Welten der Technik und der Wissenschaft meist gar nicht erreichen,
beziehungsweise nicht anstreben, dann bedeutet das vor allem auch, diese Gesellschaft
fügt sich selbst einen erheblichen Verlust zu. Ungenutzte Talente unter abertausenden
Frauen für viele Bereiche unserer Berufswelten ergeben ein konkretes Defizit.
Monika Wiedemann sagte: Man
kann den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen." In den Erörterungen
dieser Fachtagung wurde auch klar, wie enorm hoch die generelle Erwartung an Frauen ist,
Versorgungsleistungen zu erbringen. Sei es das Aufziehen der Kinder, sei es die Pflege
kranker Angehöriger, es gibt unübersehbare Interessenslagen, welche Tätigkeitsbereiche
diese Gesellschaft gerne abgedeckt sieht, wo in der Realität eben überwiegend Frauen zum
Einsatz kommen. (Das Thema Kinderkarenz illustriert den Status quo unmißverständlich.)
Johanna
Klostermann
Johanna Klostermann von der
Technischen Universität Graz nannte einige der Gründe für das verengte Spektrum in der
weiblichen Berufswahl: Mädchen entscheiden sich beruflich für das, was sie
kennen. Die Kinder müssen sehen können, was hinter bestimmten Disziplinen steht. Es geht
auch um die Frage: Was kann ich damit machen?"
Die Wichtigkeit von positiven
Rollenvorbildern wurde bei der Tagung mehrmals betont. Das offenbar populäre Klischee,
Leute in der Technik würden in verdreckten Overalls herumrennen, ließe sich eigentlich
leicht widerlegen. Auch die Einkommensunterschiede, etwa zwischen akademisch geschulten
Technikerinnen und beruflichen Neulingen in für Frauen populäreren Branchen, sind
erheblich.
Diese Fachtagung, nach der Vernissage
von Ulla Rrauter zweiter Programmpunkt im heurigen FrauenMonat" von kunst
ost", ist als ein Auftakt gedacht, dem weitere Arbeitsschritte zu diesem
Themenkomplex folgen werden.
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