log #336: wheels

Das sind Codes einer unruhigen Community: Two lane black top. Und runter bis zum Horizont! Fahren als Inhalt? Viele irritiert das. Als Anfang der 1980er Bruce Springsteen's Doppelalbum "The River" erschien, kam mir seine Art des Erzählens sehr vertraut vor. Und zwar genau nicht aus der Beat-Literatur, sondern vom lapidaren Groove jener amerikanischen Literatur, mit der ich groß geworden war. Sinclair Lewis, Nelson Algren, William Saroyan, Upton Sinclair, John Steinbeck. (Eh klar, daß Steinbecks Tom Joad auch bei Springsteen vorkommt.)

Davor hatte ich das Album "Born To Run" schon gekannt. Es heißt, Bruce Springsteen habe damit seinen Durchbruch geschafft. Für mich war es vor allem ein fulminanter Soundtrack zu meinen Träumen. Ich sollte erst sehr viel später, im Rückblick, die Dimension dieser Geschichte begreifen. Niemand anderer brachte ähnlich zum Klingen, was ich schließlich aus meinen eigenen Erfahrungen "on the road" kennenlernte. (Das hatte auch sehr düstere Seiten.)

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Clarence Clemens & Bruce Springsteen
am 7.4.1981 im CCH, Hamburg

Am 7. April 1981 sollte ein Abend anbrechen, der in meinem Leben erhebliche Spuren hinterließ. Ich hatte mich davor beim Management vergeblich bemüht, einen Interview- Termin mit Springsteen zu bekommen. Aber ich sah in dann live. Der zog das auf der Bühne über vier Stunden lang durch. Ich hatte davor nichts Vergleichbares erlebt und meine Vorstellung, was Rock & Roll sei, veränderte sich damals nachhaltig.

Das waren Tage, in denen ich Tom Waits in einem kleinen Hamburger Club erlebte; es muß anläßlich seines Albums "Heartattacks & Wine" gewesen sein. Mit Roger Chapmann hatte ich in einem Hotel, das -- so glaube ich mich zu erinnern -- "Berlin" hieß, Brandy getrunken, da ging es um das Album "Mail Order Magic".

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Roger "Chappo" Chapman (links)

In all den Jahrzehnten sollte ich mich noch oft über diese staubige Mischung von Poesie und Nihilismus wundern, die in manchen Roadmovies und Songs zu finden ist. Ich blieb skeptisch, ob das, was ich davon emotional so sehr mochte, in Europa überhaupt zu finden sei. Natürlich ist es das. Ich hab bloß erst den Preis dafür zahlen müssen, dann wurde es mir klar; dagewesen ist es schon vorher.

Hier geht es nun um den ersten Song des Albums "Born To Run". Darin ist es wiederum eine bestimmte Passage, die für mich so viel von dem faßt, was diese Dinge ausmacht:

Hey what else can we do now
Except roll down the window and let the wind blow back your hair
The night's bustin' open, these two lanes will take us anywhere
We got one last chance to make it real
To trade in these wings on some wheels
Climb in back, heaven's waiting down on the tracks

Der Text von "Thunderroad": [link]
Eine sehr zurückgenommenen Live-Version, der Boss am Piano: [link]
und eine große Live-Fassung in Barcelona: [link]

Ich weiß es ganz genau, denn ich hab diese unzähligen Strecken gemacht und ich bin auf die härteste der denkbaren Arten über den Asphalt gegangen. Daraus erblühen dann leicht Privatmythologien, die sich im Nichts verlieren. Wer es halbwegs bei Verstand übersteht, wird vielleicht etwas Poesie von solchen Fahrten mitbringen. Oder einen Song von Springsteen; was ja mitunter das Gleiche bedeutet.

Siehe zu diesem Eintrag auch:
+) "wheels" (Auftakt)
+) Krusches Logbuch: Eintrag #1684

[wheels] [flame-log]


coreresethome
5•11