log #166: slow motion | leader

Zur Frage, was denn Kunst sei, gehört im Suchen nach Antworten natürlich auch das Betrachten von Hintergründen, Querverbindungen, Vorgeschichten ...

Lesevergnügen bedeutet für mich unter anderem Sprunghaftigkeit. Das meint, ich denke gar nicht daran, mir große Themen systematisch zu "erlesen".

Wo mein Interesse gerade hinfällt, lese ich weiter, um später an manche Stelle zurückzukehren etc. etc. Ich hab im vorigen Eintrag auf ein Bändchen über Ikonen hingewiesen: [link]

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Das ergibt einen Blick in unsere eigene Vergangenheit der Bildwelten und einen Blick zu unseren östlichen Nachbarn, bei denen die Tradition dieser Bildsprachen gegenwärtig noch eine starke Bedeutung hat. Nun möchte ich Sie einladen, noch ein Stück weiter zu blicken ... in den fernen Osten.

Sie teilen vielleicht meine Erfahrung: Das Eigene bekommt im Blick auf das Andere interessante Kontraste und im Anderen findet man oft erstaunliche Anregungen.

"Lob des Schattens. Entwurf einer japanischen Ästhetik" von Tanizaki Jun'ichiro ist für mich eine fesselnde Lektüre gewesen, duch die ich allerhand über "lackschwarze Dunkelheit" und andere Zusammenhänge erfuhr.

Jun'ichiro: "Wir sind der Meinung, Schönheit sei nicht in den Objekten selber zu suchen, sondern im Helldunkel, im Schattenspiel ..."

Tradition und Öffnung, Kontraste und Harmonien, die 80 Seiten des handlichen Büchleins bergen eine Menge Denkanstöße

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Dieser Essay wurde erstmals 1933 in Tokyo veröffentlicht. Eine Zeit, in der sich bei uns gerade die bitteren Konsequenzen der "Schlüsselkatastrophe" des 20. Jahrhunderts entfalteten. Wenige Jahre danach sollte Japan als Verbündeter des "Großdeutschen Reiches" mit den Nazi Schritte tun, die bei uns nach Auschwitz und dort nach Hiroshima führten.

Ich denke, man kann das 20. Jahrhundert und seine sich so vielfältig auffächernde, brechende, schillernde und tobende Kunst nicht angemessen begreifen, wenn einem völlig unklar ist, was unsere Leute in den ersten Weltkrieg geführt hat und welche Atmosphäre dabei in Europa geherrscht hat.

Wer gelegentlich zu etwas ausufernderer Leselust neigt, wird sich auf die rund 500 Seiten einer bewegenden und kraftvollen Schilderung freuen können. Es ist gewissermaßen ein "Augenzeugenbericht", verfaßt mit starken Emotionen, einem scharfen Intellekt und in einer eleganten Sprache.

Es ist Literatur, was der historisch versierte, exzellente Erzähler Stefan Zweig hier vorlegt, kein Werk der Geschichtsschreibung.

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In meinem kleinen "Arbeitspapier: Kunst" [link] habe ich Ernst H. Gombrich aus seinem bedeutenden Werk zitiert, wo er betont: „Es ist immer falsch, sich Stilrichtungen wie Soldaten bei einer Parade in geordneter Abfolge vorzustellen."

Es ist freilich einigermaßen spannend, sich einen groben Überblick zu verschaffen, welche Verläufe es im Kunstgeschehen gab und wie diese Verläufe geordnet wurden.

Isabel Kuhl bietet mit dem "Schnellkurs: Epochen der Kunst" einen systematischen Überblick, welcher von der Antike bis ins 20. Jahrhundert reicht. Ich nutze solche Werke gerne in zweierlei Hinsicht.

Sie sind mir immer wieder gelegen zum Blättern und Schmökern, weil ich so einerseits einen flüchtigen Eindruck von größeren Zusammenhängen behalte. Andrerseits erhalte ich nötige Grundinformationen, wenn etwas spontan mein näheres Interesse weckt.

Ich bin dabei ohne jeden Ehrgeiz, mir all das im Detail zu merken. Das Blättern und Gustieren macht mir stets neu Spaß.

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Es wirkt übrigens allein schon dieses zwanglose Umgehen mit solchen Büchern sehr eindrücklich und eigentlich jedes Mal zu diesen und jenen interessanten Folgen.

[literatur] [slow motion: übersicht]


coreresethome
30•09