Log #93[Vorlauf] Was sich außerhalb, was sich jenseits von
zentren entwickeln mag ... Es hat freilich auch mir einiges auf dem Weg zur
regionale 08 mißfallen. Darüber kann man gelegentlich reden, sich darüber
auseinandersetzen. Doch im Kern bleiben diese Intentionen und Möglichkeiten wichtig: Der
Gegewartskunst jenseits des Landeszentrums eine starke Bühne geschaffen zu haben und den
Augen einen Blick über zu nahe Grenzen angeboten zu haben.
Um ein polemische Bonmot aufzugreifen: Man kann einen Gaul zum Brunnen führen, saufen
muß er dann schon selber. Besuchen Sie einmal in einen Ort wie Walkersdorf, wo sich
gleich eine alte Bäuerin in ihrer Kittelschürze am Fenster herumdrückt, weil ein
Fremder auf der Straße unweigerlich auffällt, Interesse weckt. Wir haben noch viel
Arbeit vor uns, um zu klären, welche strukturellen Gegebenheiten für das Kulturgeschehen
heutzutage in der Provinz angemessen wären und was das jeweils in der Praxis
hieße.
Die regionale 08 hat mit ihrem Thema Diwan sich zentral auf die
Person des Josef von Hammer-Purgstall gestützt. Seine Übersetzungsarbeit und sein
umfassendes Werk über das Osmanische Reich sind freilich keine Stoffe, denen ein
Laienpublikum zugeht.
Hammer-Purgstall hatte in der südlichen Oststeiermark einen Wohnsitz. Das Schloß
Hainfeld. Ein sehr anmutiger Bau, zurückhaltend gestaltet und in angenehmen Dimensionen
gehalten. Über dem Torbogen der Zufahrt erzählen arabische Schriftzüge auf dem
Schlußstein von den Interessen des einstigen Hausherren. Welche Deutungen diese Zeichen
erfahren können, hab ich zum Beispiel gehört, als ich vor diesem Tor auf den Shuttle-Bus
wartete.
Stefanie!
Was?
Die arabische Inschrift!
Was soll mit der sein?
Na!
Das ist für die Ausstellung gemacht worden. Wahrscheinlich.
Eine ziemlich pragmatische Stefanie. Die Region hat einige sehr bemerkenswerte Orte,
deren besondere Geschichten sich anbieten, mit neuen Geschichten verwoben zu werden. Eine
dieser Geschichten hat der Künstler Richard Frankenberger entdeckt.
Dieser Tabak-Stadel in Ilz ist ein imposanter Bau, vor allem aber eine beeindruckende
Konstruktion. Groß, leicht, stabil. Rundum mit Klappensystemen versehen, die sich am
Fuße des Baus mit Holzhebeln verschieden einstellen lassen, um das Klima im Inneren des
Baus zu regulieren. Die erstaunliche Leistung lokaler Bauern.
Dazu kommt nun eine Arbeit von Elektronik-Musiker Winfried Ritsch (links), der das Gebäude auf verblüffende Art
bespielt. Es gibt eine Unzahl von kleinen Mechaniken, Bodenklopfer und
Wandklopfer, die per EDV-Steuerung Klangmuster auf die Hölzer des Baues
übertragen. So wird die mächtige Holzkonstruktion zum Klangkörper, in dem man sich frei
bewegen kann.
Ein bestechendes Beispiel dafür, daß eben angemessene Budgets aufgewandt werden
müssen, um solche Projekte außerhalb von Graz entstehen zu lassen. Es braucht nicht erst
seit gestern sehr gute Anlässe, um die entsprechend nötige Mobilität zu üben, denn was
immer die Zentren einem an Wegzeiten abverlangen, um etwa innerhalb von Graz einen
Veranstaltungsort zu erreichen, die gleichen 15 Minuten zwischen Weiz und Gleisdorf, oder
etwas mehr zwischen Gleisdorf und Ilz, werden wesentlich weniger leicht überwunden.
Ein anderes, sehr anregendes Erlebnis bietet die Ausstellung Orientierungen
im Bereich der Feldbacher Fleckviehhallen. Dazu gehört auch eine große Arbeit von
Christian Eisenberger in einer dieser Hallen: "Richard Jackson bringt Bruce Nauman
das Jagen bei". [link]
Eisenberger wird übrigens, wie im vorigen Eintrag
erwähnt, via Video Teil unserer abschließenden
Station von next code: divan sein. Und er wird im Rahmen des Festivals
steirischer herbst in Weiz ausstellen; als Teil unseres Projektes next code: exit.