Log #73 Nur mehr wenige
Tage, bis wir unser Projekt "next
code: exit" für das Festival "steirischer herbst" in Gleisdorf mit
einer ersten Veranstaltung nach außen öffnen werden. Wobei eigentlich die ersten
Chor-Aktionen und das Sticken am Kirchriegel (Siehe den vorigen
Eintrag) schon Schritte in die Öffentlichkeit waren.
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Kommenden Mittwoch
wird Serbiens Generalkonsulin Sonja Asanovic-Todorovic einen Abend eröffnen, an dem der
Historiker Karl Kaser einen Überblick zum Thema "Balkan heute" gibt. [link] "herbst"-Intendantin
Veronika Kaup-Hasler hat ihr Kommen zugesagt, wir liegen also für den nächsten Abschnitt
in der Kurve.
Zu dieser Geschichte gehören auch die Künstler Markus Wilfling und Christian
Eisenberger, die eben -- wie im vorigen Eintrag
erwähnt -- bei der Kunstmesse "VIENNA FAIR" einige Aufmerksamkeit erhalten
haben.
Links: Wilfling auf einem Foto, das ich von "artepari" erhalten hab.
Einige weitere Schritte, in der Region auf Gegenwartskunst zu setzen. Ein Prozeß, in
dem es AUCH um kategoriale Fragen geht. |
Es besteht nach wie vor eine erhebliche Scheu, genau da die Debatten
über solche Fragen zu suchen und zuzulassen, wo die die Zuschreibung "Kunst"
beansprucht wird. Das war nun in einem Jahr Arbeit der Runde von "kunst O.ST" deutlich
wahrnehmbar geworden.
Ein bescheidener Hinweis darauf, daß "Kunst"
noch eher als ein soziales, denn als ein kulturell-künstlerisches Phänomen verstanden
und verhandelt wird. Ich habe unlängst auf dem Weg nach Sinabelkirchen ein anschauliches
Beispiel gefunden, wovon diese kategorialen Fragen unter anderem handeln.
Diese Arbeit ist das Werk der 2a-Klasse der Hauptschule von
Sinabelkirchen. Sie wurde signiert und mit der Jahreszahl 1999 versehen. Es ist ganz nett,
wenn es dann in lokalen Blättern heißt: "Die jungen Künstler ...", aber das
hat mit Kunst nichts zu tun, obwohl es nicht nur manche Gesten davon aufgreift (Datieren,
Signieren), sondern vor allem auch den Einfluß von Kunst zeigt. Denn die Figuren sind in
einer Art gemalt, wie sie Keith Haring
entwickelt hat.
Aber das Ergebnis ist eben Dekoration und nicht Kunst, die
Tätigkeit ein "kreatives Gestalten" und kein künstlerischer Akt, sondern ein
soziales Ereignis. Warum diese Unterscheidung wichtig ist? Gute Frage! Mit solchen Fragen
wird "next code" weiterhin befaßt sein.
Ich hatte kurz vor der Abreise nach Gornji Milanovac eine
kleine Session im "zeit_raum", bei der Graphic Novelist Jörg Vogeltanz (links)
und Komponist Christian Gschier mit mir solche Dinge erörtert haben. Dazu wird es in der
"transit zone"
noch eine eigene Audio- Miniatur geben.
Eine andere Audio-Miniatur, jene mit dem Künstler ILA und
der Kunsthistorikerin Mirjana Selakov, ist schon online: [link] Eine besondere
Markierung im Betonen dieser Fragestellungen und der Debatten war dann der abschließende
Abend von "next code: cruise".
Der Philosoph Erwin Fiala (hier neben Rundfunk-Journalistin
Ilse Amenitsch) hielt einen Vortrag zum Thema "Was ist Kunst?" Fiala: Was
als Kunst gilt, ist von historischen Bedingungen abhängig. Das wars dann mit
ewigen Werten oder einer Kunst an sich. Solche Anmaßung scheint
heute nicht mehr zulässig, beziehungsweise durchsetzbar.
In Fialas Worten: Es gibt keinen Kunstbegriff, der
durch die verschiedenen Zeiten gleichermaßen anwendbar wäre. Was vermutlich als
eine gute Nachricht verstanden werden darf. Wie schon erwähnt: Ewige Werte
ade! Zu unterschiedlich waren über Jahrhunderte und Jahrtausende Vorstellungen,
Ansichten, Bedingungen und Verhältnisse der Kunstproduktion und -rezeption. Es sollte
außerdem, das kam auch zur Sprache, Kunst nicht mit Design verwechselt werden.
Dazu noch ein Verweis auf die oben gezeigte Betonwand, die
einen Renault-Stützpunkt gegen die Äcker hin abgrenzt. Im Vorjahr war dessen Hausherr so
freundlich gewesen, mir einen seiner Schätze zu zeigen. Eine Renault Floride, die über
40 Jahre alt ist. Ein wunderschöner Zweisitzer, wie er manchen Menschen die Bemerkung
entlockt, das sei ein "ausgesprochenes Kunstwerk". Ist es natürlich nicht,
sondern Design.
Auch wenn aus Fialas Publikum manche Stimme laut wurde,
solche Vorträge seien doch sehr fordernd, sogar anstrengend, bleibt genau diese
Anforderung: Es sind immer wieder neu Intentionen, Verfahrensweisen, Kontext zu erörtern,
wenn man klären möchte, ob man es mit Kunst zu tun habe. Was Kontroversen einschließen
sollte. Aber die sind auch etwas aus der Mode gekommen, wie mir scheint.
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2008 |