Log #64

Eine Notiz in meinem Logbuch, nämlich: "Auf einmal ist die "Zentrum-Provinz-Debatte" vom Tisch, denn da bleiben ja eigentlich gewichtiger Fragen zu behandeln; wie etwa: Was ist Kunst?" [link], bewog Graphic Novelist Jörg Vogeltanz, mir diese Passage wie folgt zu kommentieren:

>>wer das beantwortet, bekommt den nobelpreis und eine tafel schokolade :-)<<

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Dem folgte eine scherzhafte Sequenz vor dem etwas ernsthafteren Hintergrund, daß ich diese Frage selbstverständlich für beantwortbar halte.

Krusche:
>>nehm ich beides dankend an ...<<
Vogeltanz:
>>kriegste nicht, kannste nicht beantworten :-)))))))))<<
Krusche:
>>kann ich doch und wills haben!!!!!!<<
Vogeltanz:
>>kannste nicht. aber die schokolade bekommst du für den mut, das zu behaupten :-)))))))<<

Die Frage „Was ist Kunst?“ verlangt nicht nach einer simplen Antwort, sondern kann ja nur eine Einladung zu einem Gespräch sein. „Was ist die Welt?“ „Was ist das Leben?“ Das ist schließlich nicht die gleiche Art von Fragen wie „Was ist ein Geschirrspüler?“

Wir haben im regionalen Kreis von „kunst O.ST“ dieses Thema implizit und explizit ständig präsent. Es mag privat zur Debatte stehen, wo Kunstschaffende für sich selbst Standortbestimmungen vornehmen. Es ist öffentlich auf jeden Fall relevant, sobald Bühnen betreten werden wollen, die mindestens von zweierlei handeln: Von der Finanzierung der Arbeit, welche es unter anderem verlangt, solche Bühnen bereitzustellen.

Und von der Sichtbarkeit, von der „öffentlichen Wahrnehmung“, die dadurch generiert werden soll, die ihrerseits einiges mit "Marktwert" zu tun hat, ohne den es kaum möglich ist, Geld zu lukrieren.

Geld und Aufmerksamkeit.

Die beiden Währungen, in denen das Kunstschaffen bezahlt, abgegolten wird. Zu diesem Thema gehört auch eine stets neue Auseinandersetzung mit dem Umstand, daß der Kunstkontext offenbar mit einem Nimbus verbunden ist, der auch Menschen, die ohne nennenswerte Ambitionen sind, dazu drängt, sich auf diesem Feld zu tummeln, siech unter diese Flagge zu stellen. Das ist mindestens bezogen auf verfügbare Ressourcen in den beiden eben erwähnten Währungen ein diskussionswürdiges Thema.

Ich hatte eben ein Gespräch mit Herbert Nichols, dem kulturpolitischen Sekretär des Landeskulturreferenten Kurt Flecker. Dabei haben wir diesen Aspekt erörtert: Daß Ressourcen begrenzt sind und praktisch einfach nicht reichen, um allem und allen verfügbar gemacht zu werden, wo ausdrücklicher Kunstkontext geltend gemacht wird. Simpel ausgedrückt: Zu viele Leute rennen um zu wenig disponible öffentliche Mittel. Woraus sich natürlich Debatten über Kriterien, Wertungen, Verteilungsmodi und -gerechtigkeit ergeben.

Das ist nur einer der Gründe, durch die solche Debatten Gewicht bekommen. Ein „nach außen“ gerichteter Grund, der politische Aspekte berührt. (Politik in einer klassischen Begriffsbestimmung verstanden, als das Zusammenspiel von Politiké [Staatskunst] und Polis [Gemeinwesen].) Andere Gründe sind „nach innen“ gerichtet, betreffen die „Interna“ einzelner Kunstschaffender.

Fragen nach dem, was denn die Kunst sei, beschäftigen mich gerade in einem sehr emotionsgeladenen Zusammenhang, im Zusammentreffen zweier Ereignislinien, die mit einander heftig korrespondieren. Da ist einerseits die Reflexion eines Gespräches, in dem mir vom SPLITTERWERK aktuelle Schlüsse zum Thema dargelegt wurden. Eine radikale Position, die sich aus den vergangenen Jahren der Praxis dieser Kunst- und Architektur- Crew ableitet.

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Ansichten, die ich gerade in Relation zu meinen eigenen Vorstellungen überprüfe, deren genauere Betrachtung außerdem nötig ist, weil ich eingeladen wurde, für das Architekturmagazin „Skin“ eine Geschichte über das SPLITTERWERK zu schreiben.

Das geht nun andrerseits mit einem noch wesentlich radikaleren Verlauf in einander. Der ergibt sich aus Begegnungen und Gespräche mit dem 81-jährigen Maler Hannes Schwarz. Ein Künstler von internationalem Rang, der mir vor einigen Tagen jenes Bild gezeigt hat, das als sein letztes gilt; denn, wie er meint, danach gab es für ihn auf diesem Feld nichts mehr auszudrücken.

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Was keineswegs bedeutet, daß er nun wie eine „Archivalie“ erscheinen würde, im Gegenteil, er hat mir in seinem Handeln deutlich gemacht, worin künstlerische Praxis über jenes Tun hinausreicht, das einen Künstler quasi „primär sichtbar macht“; also etwa daß ein Maler malt und daraus Ergebnisse veröffentlicht. Wo dann der Maler so einen radikalen Schritt tut und den Pinsel für den Rest seines Lebens aus der Hand legt, sind noch erhebliche Wegstrecken und weitere Horizonte vor ihm. Ich werde hier später davon erzählen, was mich Schwarz in dieser Sachen sehen und erahnen ließ. (Die Lektion sitzt tief!) [Fortsetzung]


resethome
13•08