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Die "steinernen Verhältnisse", denen beizukommen wäre, sind gewachsene, gut gefestigte Konventionen. Menschliche Übereinkunft. Also: Kulturgut. Entsprechend können sie auch aufgebrochen, revidiert werden.

Dieses schäbige Kulturgut wird in Zeiten erhöhter Achtsamkeit weniger explizit, aber um so selbstverständlicher implizit gepflegt und weitergeben. Es ruht in Codes, die zuweilen auf irritierende Art kleine Störungen erfahren; wie Bildschirmstörungen beim Fernsehen. Interferenzen.

Man muß heute nicht erst lange in diversen Leserbriefspalten zu suchen, um Hinweise zu erhalten, was denn nun laut "Vox populi" zu Europa gehöre und was nicht, was dem Abendland zugehöre und was davon "anderen Welten". Da haben dann auch schon die Nazi Kroaten, Muslime und Arier durcheinander gebracht.

Die im vorigen Eintrag erwähnte "Action-Figur" des „SS-Rottenführer Slavko Juric“ stammt von einem japanischen Anbieter, der noch weitere Überraschungen auf Lager hat.

In der gleichen Größe und peniblen Ausführung konnte man da zum Beispiel auch den „German Head of the SS Heinrich Himmler„ erhalten. (Momentan ausverkauft.)

Himmler kommt hier optisch ein wenig wie ein gealterter germanischer Harry Potter daher, mäßig "arisch" wirkend. Mir fehlt es vorerst noch an Vorstellungskraft, mit welchen Intentionen und Emotionen man sich so eine Puppe im Maßstab 1:16 anschafft. [Quelle]

NS-Devotionalien haben jedenfalls ein weltweites Publikum.

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In Japan herrscht freilich ein ganz anderer Blick auf diese Ära als bei uns; oder so ausgedrückt: Die Verwicklungen in den Holocaust haben dort zu anderen Konsequenzen geführt. Japan war im Zweiten Weltkrieg, was in heutiger Wahrnehmung des Landes nicht mehr sonderlich auftaucht, Alliierter der Nazi.

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Das taucht etwa auf diesem Comic-Cover von 1943 auf, "Captain Freedom" schüttelt Hitler und den Tenno. Was, ähnlich wie die muslimische SS-Division, ebenfalls illustriert, daß die Rassentheorien der Barbaren bloß ideologische Werkzeuge waren, die je nach Bedarf und Nützlichkeit beliebig angewandt werden konnten.

Auch hier standen also rassistisch begründete Ressentiments keineswegs jemandem im Wege, um Nazi-Deutschland und Japan Hand in Hand gehen zu lassen. Allerdings darf für jene Zeit sicher festgestellt werden, daß Japan in Sachen Rassismus den Nazi nichts nachstand. (In der Geschichtsschreibung sind einige Kapitel ausdrücklich einem „japanischen Faschismus“ gewidmet.) Die Idee, eine „überlegene Rasse“ zu sein, hat auf den Inseln Japans ihre eigene Genese.

Salopp verkürzt darf festgestellt werden, daß Gegensätze zwischen Orient und Okzident ganz unbeschwert eliminiert werden, wenn es Mächtigen so paßt; was allerdings nicht verlangt, gut eingebürgerte Ressentiments bei der Bevölkerung abzuschwächen.

Denn diese Vorbehalte, in solider Evidenz gehalten, erleichtern und fördern ein Bündel an Feindseligkeiten, die stets handliche Mittel waren, wenn irgendwo die Innenpolitik versagt hat und die daraus resultierenden Defizite auf simpelste Art kompensiert werden sollten. Indem man einen Teil der Mitmenschen zur Beraubung und zum Abschuß frei gab. Diese Art der Feindseligkeit hat einen leistungsfähigen Universalmotor: Eigennutz.

Wie sowas dann auf „völkische“ Art inszeniert wird, um Skrupel abzubauen und den Raubzug umzudeuten, wird einem deutlich, wenn man sich anhört, wie der kleine Spießer Adolf Hitler die Okkupation Österreichs als historisch relevante „Heimholung ins Reich“ deklariert hat. Und zwar mit den einleitenden Worten: „Ich melde vor der Geschichte ...“

Kleiner, schäbiger Eigennutz als Grundlage solcher menschenverachtenden Selbstüberhöhungen. Wo das in die Kategorien von "Nationalstolz" aufgebläht wird, steigt die Massaker-Neigung mancher Menschen merklich ... (Siehe dazu den Eintrag vom 25. März 08 in meinem Logbuch!)

Die "steinernen Verhältnisse" sind demnach nicht "natürlich" gewachsen, sondern Produkte kultureller Prozese.


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14•08