next code: divan / note  #10

Die Welt auf bipolare Art gedeutet, "wir und die da", funktioniert nach ganz vertrauten Mustern. In der Stereotypen-Wirtschaft lungern "mongolische Horden", "Slawen", "Türken" und "Orientalen" herum, deren Hauptaufgabe darin besteht, als Statisterie unsere Selbstdarstellung zu kontrastieren. Die Methode heißt: "Selbstdefinition durch Feindmarkierung".

Der literarische Übersetzer Michael Roloff, 1937 in Berlin geboren, seit 1950 in Amerika, hat eine offenbar innige Beziehung zu Mexico. Wir hatten in unserer Korrespondenz unlängst John Hustons meisterhaftes Werk "Der Schatz der Sierra Madre" erörtert, denn das handelt unter anderem von diesem markanten "Nord-Süd-Verhältnis" ...

note10a.jpg (23351 Byte)

Was blüht einem Yankee, der in Mexico strandet und eine erbärmliche Existenz unter den "Latinos" führt, die er eigentlich für inferior hält? (Siehe dazu auch den Eintrag in meinem Logbuch mit dem Querverweis zu Clouzots "Lohn der Angst"!)

Ich begann Roloff zu befragen, was er über dieses Spannungsfeld weiß: Einerseits die Stereotypen, mit denen Leute aus Mexico, also Leute aus dem "armen Süden" von gut situierten Amerikanern belegt werden. Andrerseits die Realitäten, die Kontraste, und was dieser "Süden" gegenüber den USA an Phantasmen abliefern muß.

Mein Frage war natürlich: Ist in den Verhältnissen der Klischees und Stereotypen eine Prallalele zum Verhältnis (nördliches) "Westeuropa" und (südlicher) "Balkan" zu entdecken. Falls ja, was wäre daraus zu schließen?

>>sure martin, Mexicans are only poor monetarily. but extraordinarily family oriented which is why they are willing to come to the hideous cold north and work at menial jobs and live ten to a room and send their money home ...<<

Das klingt mir irgendwie sehr vertraut ... Guter Anlaß, sich solche Zusammenhänge noch etwas genauer anzuschauen.

Es ist Teil solcher Geschichten, zu prüfen, wie sehr Stereotypen im Dienste des Rassismus dazu eingesetzt werden, den Eigennutz als Gemeinnützigkeit auszugeben, um in der Folge Menschen bedenkenlos zu berauben. Das hat gegenwärtig seine Relevanz in dem, was unter "Globalisierung" zusammengefaßt wird. Das hat in unserer unmittelbaren Vergangenheit sein bewährte Praxis in der Legende vom "Herrenmenschen". Diese speziellen Aspekte sind momentan Gegenstand det Themenlinie zu den "steinernen Verhältnissen" ... siehe den aktuellen Eintrag!

note10b.jpg (27124 Byte)

Verdun, Auschwitz, Srebrenica. Das sind Stationen, deren "Machbarkeit" auf solchen Konzepten des Rassismus und der Methode "Selbstdefinition durch Feindmarkierung" beruht hat.

Cut!

Codices und Kontraste. Einige Leute aus unserer Runde fahren im April nach Gornji Milanovac in Serbien, weil dort auf einer Biennale Arbeiten von uns gezeigt werden. Nun hat es aus den Reihen der österreichischen Kunstschaffenden Reklamationen gegeben, weil einige ihre Namen auf der Website nicht korrekt dargestellt fanden: [link]

Es gilt bei der Verschriftlichung slawischern Sprachen, egal ob in Latinica oder Cyrilica, jederzeit: Ein Laut = ein Zeichen. Eine Reihe von Sonderzeichen des deutschen Alphabetes, wie die damit dargestellten Laute, sowie etliche "Zusammenlautungen", die wir mit einer Kombination von mehreren Zeichen darstellen, sind im Slawischen unbekannt.

Hinzu kommt, daß Webpages auf HTML-Ebene eindeutig codiert sein müssen. Eine einzelne Page kann keine drei verschiedenen Text-Codes darstellen. Die energische Urgenz von österreichischer Seite hat nun verschiedene Reaktionen bewirkt. Eine stammt von Kunsthistorikerin Mirjana Selakov, die schreibt:

Liebe Leute,
Wollte nur eine kleine, für mich fast lustige Bemerkung machen. Einige von euch haben reagiert auf die falsche Schreibweise von Namen auf der Website des Veranstalters. Ist gut, habe reagiert und ich hoffe, dass im Katalog alle Namen richtig geschrieben werden.

Dazu ist mir aber etwas eingefallen, was gerade wenn's um Ost-West Dialog geht, typisch ist (bin eigentlich bei der Regionale Thema "Divan", aber passt hier):

Bis jetzt habe ich in deutschsprachigen Veröffentlichungen von slawischen Namen fast nie die richtige Schreibweise gefunden. Vor allem, wenn es um Benützung von Hatscheks geht. Aber in meiner Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Osten hat sich bis jetzt niemand bei mir oder beim Organisatoren hier in Österreich beschwert.

Und die Namen kommen fast immer falsch vor. Nur so ist es, diese slawische Sprachen sind so was von kompliziert und seltsam. Wer braucht so eine komische Schrift? Wir als ÖsterreicherInnen können das einfach nicht verstehen :-)

Aber vielleicht ist für unsere Kollegen aus Osten das "Ü", "Ö" etc. auch etwas Komisches und Unnötiges?

Alles liebe und auf gutes Zusammenleben mit oder ohne Schreibfehler ;-)
Mirjana

p.s. Freue mich auf unsere Reise!

Darauf antwortete Gunda Bachan:

Hallo liebe Mirjana,

du sprichst hier meiner 12 jährigen Tochter Magdalena Kovac 8-) ic  O:-) (Hatscheks 2 mal über c) aus der Seele, die ärgert sich über jedes Zeugnis, über alles hier, wenn dann "aha, das habe i net gewusst"... das Hatschek mit Kugelschreiber nachträglich eingesetzt wird... weil Magdalena aufklärt, dass sie ja sonst total  anders heissen würde......!?

Es ist auch Aufgabe der Schulen beim Türen öffnen zu den Nachbarn, auch auf all ihre Finessen, Sprache, Essen, Habitats etc. aufmerksam zu machen und jene zu schätzen und zu achten.  (Umstellungen der Pc's auf schnellere Tastenfunktionen in Ämtern etc...)

Österreich müsste vom hohen Pferd erst runtersteigen, um all das zuzulassen, dass die slawischen Sprachen nicht komisch klingen, sondern sehr schön. (Aber das hat alles auch mit der Geschichte zu  tun, Gastarbeiter.....usw.)

Interess. Diskussion für die Busreise....   übrigens wieviel km. sind  wir unterwegs? Oder in Stunden?

Hatschecks find ich super !! (Beim richtigen Sprechen der Hatschecks spürt man seinen ganzen Körper !!).

alles liebe und danke für tolle Organisation
Gunda

übersicht


core | home | mail
14•08