Ich hab im vorigen Eintrag
meinen Unmut über die offenbar unausrottbare Stereotypen- Wirtschaft geäußert, mit der
wir uns unsere Bilder vom Südosten, vom Orient etc. zurechtstellen. Neulich im "profil", genauer am 3. März 08:
Es ist ganz erstaunlich, wie gedanken- und bedenkenlos da das Fälschen und Betrügen
als ein "Türken" von Realitäten dem Orient zugeschrieben wird. Noch
verblüffender war dieser Tage ein Leserbrief in der "Kleine Zeitung":
Daß also gewissenlose Orientalen ihre Nachbarschaft durch das Rauchen von
Wasserpfeifen auf Balkonen schädigen könnten, ist eine Unterstellung, die auf -- wie sag
ich es bloß? -- erhebliche Verhaltensoriginalität des immerhin akademisch gebildeten
Autors hinweisen dürfte.
Ich denke dabei wieder an die klassische griechische Kategorie der "Idiotes",
womit Menschen gemeint waren, die sich nicht für die Welt, nur für sich selbst
interessiert haben.
Ich hab im vorigen Eintrag angedeutet, wir würden unsere eigene Kultur beschädigen,
wenn wir solche Ressentiments zulassen, statt ihnen energisch zu widersprechen. Was ich
damit meine? Wir graben damit all die Anregungen ab, die wir von unseren Nachbarn seit
Jahrhunderten beziehen, ohne die unsere Kultur nicht wäre, was sie ist.
Mit diesem Zitat leitet Mark Mazower in seinem Buch "Der Balkan" das Kapitel
"Epilog: Über Gewalt" ein. Das Zitat entstammt einer Publikation von 1860, die
eine Pilgerreise nach Jerusalem, ausgehend von Wien, beschreibt. Eine ziemlich respektable
Position, wie mir scheint. Und keineswegs die einzige Überraschung, auf die man stößt,
wenn man die bis heute populären antitürkischen bzw. antisilamischen Ressentiments
einmal beiseite läßt, um mehr über diese Kultur(en) zu erfahren. Da ich die
"Europäische Türkei" erwähnt habe:
Das schrieb Karl Kaser in seinem Buch "Südosteuropäische Geschichte
und Geschichtswissenschaft". Damit möchte ich vor allem darauf hinweisen, wie jung
etliche der Sprachregelungen sind, mit denen wir es hier zu tun haben.