next code: coffee / dokumentation #4
Der Slowene Primo Oberan ("The Stroy") befaßt sich mit
Soundscapes, wobei er prinzipiell von analogen, also greifbaren Soundquellen ausgeht und
dann erst deren Klänge in die Digitalität hievt.
Ein Greifbares, Physisches, das unseren Sinnen
ein kühnes Angebot macht, worüber Oberan sagt: "Ich baue Instrumente."
Die Strudelgeschichte, von der im vorigen Eintrag
die Rede war, ist dem Thema verwandt: Das Physische im Zentrum.
Ursula Musil (im Hintergrund links
Sando Droschl, rechts Winfried Ritsch)
Ursula Musil hatte in einer Plauderei von
diesem sinnlichen Erlebnis des Backens erzählt, wobei Strudel offenbar eine besondere
Rolle spielt, weil das Herstellen von Blätterteig spezielle Dimensionen hat. "Ich
hätte ihn ja hier gemacht", meinte sie, aber es war im Haus leider kein Backrohr
aufzutreiben gewesen.
Es ist, wie schon angedeutet, nicht bloß
dieser physisch-leibliche Aspekt, den Strudel und Kaffee in unser Set eingebracht haben,
um zu betonen, was eine der Grundlagen von "next code" ist: Die leibliche
Anwesenheit ist das primäre Ereignis, die Telepräsenz im Web deren Erweiterung.
Jogi Hofmüller, Mirjana Selakov und
Ursula Musil
Apfelstrudel gilt ganz und gar unbestritten
als ein typisches und unverzichtbares Element dessen, was als "Österreichische
Küche" beschrieben wird. Auch ist man hierzulande auf die Kaffeehauskultur stolz und
brüstet sich damit gegenüber anderen Nationen.
Den Strudel und die Kaffeezubereitung haben
haben wir aus dem vormals oströmischen Reich, aus der Kultur der Osmanen bezogen. Ich
stelle dem einen Ausschnitt aus jenem "Vortragsangebot" gegenüber, das die
Grazer FPÖ-Politikerin Susanne Winter gerade verschickt hat, etwa an die Hauptschule
Algersdorf in Graz:
Was die vaterländische Dame als Gefährdung
unserer Kultur behauptet, ist das eigentlich "Kulturstiftende", wenn man schon
in solchen Begriffen beschreiben möchte, was die Durchlässigkeit von nationalen Grenzen
bedeutet.
Gäben wir, die wir von solchen Leuten einem
"Deutschtum" zugezählt werden, alles zurück, was wir von
"nichtdeutschen" Menschen übernommen haben, möchte ich gerne sehen, was
"Das Österreichische" dann wäre. Spielt man das konsequent durch, würden wir
wohl, metaphorisch betrachtet, in's Neandertal zurückkehren. Diese (aus heutiger Sicht)
strukturelle und kulturelle Bescheidenheit würde dann vor allem eines NICHT kennen: Das
"Völkische".
Mein Samstag hat allerdings in einer
Gleisdorfer Apotheke geendet, wo einmal im Jahr eine Ausstellung gezeigt wird. Der Platz,
an dem heuer unsere erste Station von "next code" stattgefunden hatte. Ein
temporärer Ort der Gegenwartskunst ...
[Dokumentation]
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