Der Fluß, das Umtriebige, das Innehalten. Oder:
Unsere Augen sind so gemacht, daß sie stets winzige Bewegungsveränderungen ausführen.
Ohne dieses "Oszillieren" der Augäpfel würde unser Sehen "verebben",
würde sich eine Art von Blindheit einstellen. Aber das ist nur eine Metapher. Die zu
einer anderen Metapher führt: Der Fluß ohne (Ab-) Bruch wäre mir etwas Unzureichendes.
Das Anhalten, der Kontrast durch Zustandsveränderungen ... Halt! Zuerst noch einige
Sätze zu aktuellen Verläufen.
Richard Ludersdorfer (links) nannte seine Beitrag zum Kunstfestival
"pomale", das heuer stattfand, "Schnittpunkte". Mit
seiner Crew durchmaß er zu Fuß den Ereignisraum dieses Festivals. Eine Route von über
15 Kilometern. Das Thema "Entschleunigung" hatte im mitgeführten Sarg einen
sehr markanten Bezugspunkt. Das Tempo des Zuges ergab sich aus den Schritten der Menschen.
(Das oben gezeigte Foto stammt von Linda Maria Schwarz.)
Das Maß der Geschwindigkeit waren hier also die Möglichkeiten dessen,
was Paul Virilio "metabolisches Fahrzeug" nennt. Der schreitende Mensch. Der
Sarg repräsentierte unser mächtiges Tabuthema, die "große Unterbrechung". Das
radikalste Innehalten. Am Ende dieses Zuges sieht man unter dem bunten Schirm die
Puppenspielerin Elfi Scharf.
Ich habe eine Video-Sequenz vom Tag des Aufbaues eines anderen
Beitrages zu jenem Festival. Wir machten die Ausstellung zu "next code: cruise" startklar.
In dieser Videosequenz erzählt Elfi von den Arbeiten am Beitrag
"Schnittpunkte". Sie erzählt davon, daß ihnen Helmut Eberhart als Regisseur
zur Seite stand, daß sie mit ihm mehr als einmal gescherzt hätte, wer von beiden wohl im
Sarg zu liegen käme. ("Ich nicht! Du?" "Nein, Du!")
Helmut Eberhart, der "Clown Heli", hat die Realisierung des
Ganges durch die Region nicht mehr erlebt. Er kam am "Gründonnerstag" dieses
Jahres bei einem Unfall ums Leben; seine beiden Kinder folgten ihm. [link]
Warum ich das zu erzählen habe? Weil es im Fundament den
"Klang" dessen mitbestimmt, was sich gerade ereignet. Ich denke, das wird hier
noch deutlich werden, ohne eine große Geste zu ergeben. Als eine der feinen Wurzeln, die
manches Geschehen hat.
Zu diesen feinen Wurzeln gehören auch mehrere Begegnungen mit dem
Maler Hannes Schwarz (oben in der Mitte des Bildes) und seiner Frau Friedl, die sich im
bisherigen Verlauf deutlich niedergeschlagen haben und weitere Spuren ausmachen werden.
(Siehe dazu den Text "Kunst
als Lebensfundament"!) Bögen, Brüche, Perspektiven ... und wie etwas
abgeschlossen werden will. Davon war in diesen Begegnungen mehrfach die Rede.
Das gut überschaubare Zeitfenster, aus dem ich eine Reihe von
kräftigen Anstößen für "next code: break" bezogen hab, beinhaltet auch eine
außergewöhnliche Reise. Tage einer merkwürdigen Fülle, die in ein Wechselspiel von
Überbordendem und manchen Brüchen ausuferte. Das Ausufern scheint mir ein treffender
Begriff dafür, weil bei dieser Fahrt so vieles angeklungen war, mit dem die kleine
Reisegesellschaft nicht gerechnet hatte. [Fortsetzung]