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Üppig
(Neue Klarheiten über die Kunst zuzüglich dem gut gemeinten Rat,
Michael F. Geyer nicht zu heiraten)
Von Martin Krusche

Seit jeher oder mindestens seit Jahrzehnten verbindet mich mit Michael F. Geyer, nein, genauer: trennt mich von ihm tiefer Dissens in einer Reihe grundlegender Fragen. Daß er nun ausgerechnet mich gebeten hat, bei dieser Werkschau zu seinem 60. Geburtstag einen literarischen Akzent zu setzen, darf man als Beleg für seine eigentümliche Art von Humor werten. Geyer ist ein Prediger der Untugend. Er ist immun gegen Mahnungen, resistent gegen Läuterung, glücklich in seiner Maßlosigkeit und unglücklich in den sozialen Grenzen, die dem Eigennutz einer einzelnen Person auferlegt sind.

Ist Geyer denn nicht genau so die Ikone jenes Bohemiens, der den geschäftlichen Fleiß und die private Sittsamkeit in jeder nur erdenklichen Form verachtet? Ist er nicht exemplarisch jene beunruhigende Erscheinung für Menschen in geordneten Verhältnissen, welche ein an Kunst interessiertes Kleinbürgertum stets mit wohligem Schauer begafft?

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Mißtrauen Sie bitte den all zu schlichten und schlüssigen Darstellungen von komplexen Phänomenen. Wir Menschen sind nicht einfach gestrickt, unsere Verhältnisse sind es auch nicht. In stets neu formulierten Legenden erzählen wir uns die Welt, deuten wir uns ihre Zusammenhänge, versprechen wir uns den Himmel und stellen uns bei Bedarf jede Hölle in Aussicht. Künstlerische Praxis ist dazu eines der tauglichsten Mittel.
Wenn man Geyer so sikizziert, wie ich es eben auf ironische Art getan habe, wirft er einen viel zu langen Schatten. Und weil mein Dissens zu vielen seiner Ansichten sich über all die Jahre nicht lockern ließ, weil wir unsere Rollen in dieser Welt auf geradezu unvereinbare Art verschieden sehen, bin ich überhaupt nicht gerüstet, Ihnen etwas Profundes über Geyer zu erzählen. Etwas Aufschlußreiches, Stichhaltiges, etwas, das ihm auch nur irgendwie gerecht werden könnte.

Wir sollte ich ihm gerecht werden, da ich ihn wahrscheinlich überhaupt nicht mag; wer weiß das schon so genau? Aber das Werk! Und auch darüber werde ich Ihnen weder meine eigenen Ansichten, noch allgemein übliche Reflexionsübungen vorlegen. Obwohl ich Vermittlungsarbeit in der Kunst gutheiße. Aber heute und hier nicht! Ich habe nämlich vor kurzem im Streit mit einem Spießer in Öko-Klamotten meine Lizenz zur Lebensberatung verloren und der Aufklärer in mir hat sich darauf an Weißburgunder so tief betrunken, daß er heute noch nicht recht aus seinen Augen sieht. Somit konnte sich der Bohemien in mir von seiner Leine losreißen und nachhaltig verhindern, daß an diesem Abend von dieser Stelle aus etwas zu Ihrer Erbauung geschieht.

Zurück zu Michael Geyer. Er hat einst mit seinem Atelier in der Bürgergasse für Gleisdorf wichtige Basisarbeit geleistet, um der Gegenwartskunst Raum und Position zu sichern. Er ist also nicht bloß ein Künstler, dessen Werk ich schätze, er hat auch für die strukturellen Bedingungen der Kunst in dieser Region einen unverzichtbaren Beitrag geleistet. Denn in der guten älteren Zeit herrschte hier zur Gegenwartskunst noch ein Bündel von Ansichten vor, das sich so zuzsammenfassen läßt: „Za wos brauch ma des?“
Geyer hat einiges getan, damit die Vorherrschaft solcher Ansichten ein Ablaufdatum erhält. Solche Prozesse haben gewundene Wege. Was bedeutet, daß es darin zwar Umwege gibt, aber keine Abkürzungen.

Ich habe neulich bei einer Veranstaltung erlebt, daß jemand einigermaßen energisch fragte, was er denn nun über einen bestimmten Maler wisse, nachdem er diesen Maler in einem knappen Video über verschiedene Belange sprechen gehört hatte. Der Mann wollte offenbar informiert werden.

Nun wäre zurückzufragen, ob denn die Kunst für eine Art Auskunftsbüro gehalten werde. Und ob es unverzichtbar sei, auf eine Frage Antworten folgen zu lassen.
Ihnen allen dürfte folgende Floskel geläufig sein: „Was will uns der Künstler damit sagen?“ [...]

Textauszug! Der komplette Text als RTF-Datei.
[Einige Bilder vom Abend]

Verfaßt für die Werkschau von Friedrich M. Geyer
und da vorgetragen am 12. September 2008,
auch als Fortsetzung von "Pur" geschrieben: [LINK]


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