Der kurze Sommer des Automobils / Seite 43

Puch pur

Ich erlebe gerade auf berührende Art, wie eine konkrete Ära sehr greifbar zu Ende geht. Ausgerechnet am 1. Mai, am traditionellen "Tag der Arbeit", starb ein Puchianer nach beeindruckenen 90 Jahren, von denen er den größten Teil seiner Arbeit gewidmet hatte.

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Erwin Ortner galt als "Getriebe-Papst", war versiert Haflinger sehr stabil und Pucherln sehr schnell zu machen. Er steht für jene Ära, wo Leute wie er einerseits in der Massenfertigung der Industrie ihr Brot verdienten, andrerseits aber Qualitäten des alten Handwerks pflegten. Genau diese Ära endet gerade und wir verlieren viel von dem, was Kräfte wie Ortner verkörpert haben, da sie uns verlassen. Siehe dazu den Beitrag "Abschied von einem Klassiker" im Austria-Forum: [link]

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Dazu passend ein Alltagsfund von Micky Tieber, dem Frontman der Alltagsklassiker: [link] Der Puch G wurde einst als "Haflinger 2" konzipiert und trägt heute noch das alte Logo auf unsere Straßen. Die Koproduktion mit Mercedes-Benz ist in anderen Zusammenhängen natürlich mit einem Stern versehen. Aber das Auto wird nach über 30 Jahren immer noch in Graz gebaut und repräsentiert so den Verlauf zu heutigen Formen des Automobilbaus.

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Wie kurios, daß es ein Arbeitstier auch zum Luxusgerät der Oberliga brachte! Erst wurde vom G-Wagen eine Dreichaser-Version für das Militär abgeleitet, denn die Armee Australiens hatte eine Flotte veralteter Landrover zu ersetzen. Dann fand AMG diese Basis hinreichend attraktiv, um solche Lastesel zu einer muskulösen Luxus-Kutsche umzugestalten, die für einige Zeit zu Everybody's Darling in der Motor-Presse wurde.

Das 6x6-Monster ist nicht nur exorbitant teuer, sondern auch riesig und für den gängigen Stadtverkehr nicht gerade gut geeignet. Also entstand die Idee, eine ebenso muskulöse, wie teure, wie exklusive Kurzfassung zu bauen, denn nicht jeder, der genug Kleingeld hat, kann einen Lastwagen steuern.

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Das Ergebnis dieser Bemühung, der betuchten Kundschaft entgegenzukommen, ist der auch  nicht gerade preiswerte G 500 4×4 quadrat. Den kann man natürlich selbst mit großem Bemühen nicht mehr als Puch bezeichnen, aber er steht in einer Kontinuität, die unter anderem auf Johann Puch zurückgeführt werden mag.

Dazu paßt Post, die mir Musiker Michael Hortig kürzlich zugesandt hat, von dem ich im vorigen Beitrag den Blick aus einen Mercedes 1904" gezeigt hab. Hortig hat sich mit Leidenschaft den Vorkriegsfahrzeugen verschrieben. Das neue Foto unterlegte er mit der Frage: "wos is des?", worauf zu antworten war: "das wird schweden sein: puch alpenwagen." Hortig bestätigte meine Annahme.

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Damit ist gut ein Jahrhundert durchmessen. Der Puch Alpenwagen repräsentiert den Umbruch von der Ersten zur Zweiten Industriellen Revolution: Automatisierung in der Serienfertigung. Der Militär-G steht an einer Schwelle zur Dritten Industriellen Revolution, die ins Digitale geführt hat.

Das ist dann beim 6x6 und beim Quadrat obligat, denn solche großen Brocken mit all ihrer Motorkraft hielte ein Durchschnittsfahrer ohne EDV-Unterstützung wohl nicht ausreichend lange auf der Straße. (Youtube ist reich an unterhaltsamen Videos, die uns zeigen, wie reiche Leute in einiger Inkompetenz sehr teure Autos selbst in harmlosen Szenarien zusammenfalten.)

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Damit komme ich zum Ausgangspunkt dieser Seite zurück. Der Abschied von Puch-Legende Erwin Ortner. Hier steigt gerade Robert Prokschi aus seinem Fünfhunderter, links im Bild Altmeister Fredi Thaler: [link] Das erscheint exemplarisch.

Derzeit ist es noch so, daß auf diesem Gebiet Kompetenzen aus den früheren Tagen über Generationen weitergegeben werden. Selbst als die Tore aufgingen, um den Sarg von Erwin Ortner für die Gäste zu einem letzten Blick freizugeben, wurde im Saal über Automobil-Probleme und technische Details gesprochen, beim anschließenden Totenmal sowieso.

Es wurden einander Fotos gezeigt, Lösungsansätze erörtert, Vereinbarungen getroffen. Und alle waren sich einige, das paßt so, das hätte dem Erwin gefallen. Das war angemessen. Selbst der allerletzte gemeinsame Tag von ihm und einer großen Runde erfahrener Puchianer handelte von all diesen Themen...

1957 bis 2017
60 Jahre Steyr-Puch 500
[link]


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