26. Februar 2025

Der Primat der Tat


Ich schätze die Situation so ein: Wenn ein Anführer versagt, wird er von seinen eigenen Prätorianern gefressen. In diesem Sinn sehen wir nun, so vermute ich, einen gescheiterten Anführer auf Österreichs politischer Bühne herumhampeln, um seinen Untergang zu vermeiden. Herbert Kickl hat seine ambitionierte Mission gegen die Wand gefahren. Aus GröKaZ, dem „Größten Kanzler aller Zeiten“, wurde aktuell nichts. Ich sehe keine zweite Kanzler-Chance für diesen Mann.

Ganz klar, daß der in diesem Scheitern seinem Klientel nun erstens klar machen muß, daß andere Leute schuld sind. Er muß etwas tun. Handeln. Eine Aktion setzen. Und sei es bloß eine leere Geste wie seine Pausennummer mit der Wahlanfechtung. Zitat Kickl: „Wir werden in der morgigen Plenarsitzung des Nationalrates einen Neuwahlantrag stellen, weil wir der Ansicht sind, dass dies die einzige ehrliche und demokratische Lösung für Österreich darstellt.“



Soooo knapp vor dem Gipfel alles vergeigt.

Der Mann steht politisch in einer Tradition, die den Primat der Tat immer in ihrem Zentrum trug. Der Tatmensch. Der Überwinder. Genau das kennzeichnet ja auch sein Scheitern bezüglich Regierungsbildung. Zurückstecken? Kompromißfähigkeit? Aushandeln nächster Möglichkeiten? Blick für das Machbare? Nicht dieser Einpersonen-Sturmtrupp. Der tanzt sein „Hoppla! Jetzt komm ich!“, bis er - uuups! Bis er alleine auf einer Bühne steht, die von allen anderen verlassen wurde.

Gibt es was Traurigeres, als einen Konquistador, dem nicht einmal sein Gaul geblieben ist? Und wo ist er jetzt, der harte Kerl? Im Jammertal, soweit ich sehe. Von da her vernehme ich den Jammerton: „Neuwahlen! Ich fordere Neuwahlen!“



Der eloquente Prister aller Unschuldigen: "Die anderen waren es, ich nicht!"

Es möchte mich sehr überraschem, wenn selbst ein größerer Anteil des FPÖ-Klientels so ein denkbares Hinausschieben der neuen Regierungsbildung gutheißen würde. Europa steht vor enormen Aufgaben, Österreich nicht minder. Da gäbe es gewiß klügere politische Handlungsweisen, als im Jammertal herumzutrampeln und die Regierungsbildung weiter zu verzögern.

Egal, wie man es dreht, es bleibt ganz unübersehbar: der Macher hat es versemmelt und vergeigt. Ganz Österreich weiß längst: Hätte Kickl den Weg frei gemacht, die FPÖ wäre höchstwahrscheinlich heute schon prominenter Teil einer neuen Regierung. Weshalb fällt es Kickl so schwer einen Schritt zur Seite zu machen, statt die Bundes-FPÖ für seine Karriere in Geiselhaft zu nehmen? Ein Blick in seine Biografie gibt Aufschluß.



(Quelle: ORF)

Der angebliche „Mann des Volkes“ und präsumtive „Volkskanzler“ ist ein Berufspolitiker ohne alle Erfahrung in privatwirtschaftlichen Zusammenhängen. Kickl ist genau jener Typ von intellektueller „Elite“, die er so gerne großspurig anficht. Ein sehr smarter, aber eben ewiger Parteisoldat.

Ab 1988 Studium der Publizistik und Politikwissenschaft, ab 1989 Studium der Philosophie und Geschichte, beide Studien erfolgreich abgebrochen; also nichts geworden. Zwischen 1995 und 2001 Dienstnehmer der FPÖ-Parteiakademie in der Sparte Wahlkampfinhalte und Wahlkampforganisation, also politisches Sprücheklopfen. Ab 2001 stellvertretender Geschäftsführer der Freiheitlichen Akademie etc. etc. Wie gesagt, Berufspolitiker und elitärer Intellektueller in der Verkleidung eines demütigen Dieners des Volkes. Lustig! [Fortsetzung]

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