25. Jänner 2025

Politik-Karaoke: Konsequenzen IV


Kulturpolitisches Handeln ist nach meiner Überzeugung unter anderem ein Verhandeln der Bedeutung und der Bedingungen Kunstschaffender innerhalb des Gemeinwesens. In genau diesem Zusammenhang finde ich eine Menge an Privatmythologien, sobald ich mich in der Oststeiermark genauer umsehe.

Die letzten rund 40 Jahre meiner teilnehmenden Beobachtung erlauben den Schluß, daß der Großteil aktiver Kräfte in meiner Region unter Kulturpolitik das Verhandeln um Zugriff auf Ressourcen für den individuellen Bedarf versteht. Kann man machen, aber das schwächt den ganzen Betrieb fundamental. Es fördert die Tendenz, Kunst und Kultur zu Mägden des Marketings herabzuwürdigen. (Einige Beispiele dafür stehen in der Gegend herum.)



Was für ein fades Klischee! „Die Literatur“ ist ja eine etwas größere Kategorie, als derlei Schmerzensnummer. (Quelle: MDR)

In der Kunst muß man nichts müssen. Genau das ist mit „Freiheit der Kunst“ gemeint. Nichts, absolut gar nichts ist einem Denkverbot unterworfen. In der Kunst steht mir auch jegliches Handeln frei, um neue Erfahrungen zu machen.

Wer aber meint, die Freiheit der Kunst würde das Tun nach außen ausnahmslos decken und man müsse sich im Gemeinwesen den Konsequenzen eigener Handlungen nicht stellen, ist entweder doof, oder verfälscht das Konzept vorsätzlich. Da wären wir dann im Reich der Spießerfantasien. Die Freiheit der Kunst befreit niemanden von Konsequenzen.

Eine Demokratie erlaubt ohnehin viel an Verhaltensoriginalität. Da ist reichlich Spielraum, den einem andere Gesellschaften keinesfalls gewähren. Wer dabei Grenzen gerade vorherrschender Konventionen überschreitet, sollte sich zumindest erklären können. Gesellschaftliche Entwicklung ist ja ohne Grenzüberschreitungen unvorstellbar.



Werbung beim Diskonter: Immerhin eine Option!

Gut, Frauen in vielem ausgenommen. Künstlerinnen sind heute immer noch generell engeren Grenzen ausgesetzt als Künstler. Das äußert sich sozial, ökonomisch und im Prestige auf viele Arten. Wir sehen allerdings quer durch das 20. Jahrhundert, daß sich Künstlerinnen von Grenzüberschreitungen nicht abhalten lassen. Es kostet jedoch mehr Energie, die Widerstände zu überwinden. Energie, die in künstlerische Werke besser investiert wäre.

Aufgaben?
Aber sind wir nun den „Aufgaben eines Künstlers“ auf der Spur? Blödsinn! Als Künstler wähle ich meine Aufgaben selbst und berufe mich dabei auf den Autonomiegrundsatz der Kunst. Dabei brauche ich keine Zurufe von außen und keine bildungsbürgerlichen Ermahnungen. Es gibt keine „Aufgaben eines Künstlers“, außer jene, die ich selbst wähle.



Das Begriffspaar "Volkskultur/Hochkultur" war schon im vorigen Jahrhundert erledigt.

Sobald ich aber in den öffentlichen Diskurs eintrete, kommen andere Regeln dazu. Sobald ich meinerseits Erwartungen an das Gemeinwesen stelle, etwa die Kofinanzierung einiger Vorhaben erwarte, kommen andere Regeln dazu. Sobald ich Medienpräsenz zugunsten meines Marktwertes erreichen will, kommen andere Regeln dazu.

Diskurs. Sichtbarkeit. Medienpräsenz. Marktwert. Kofinanzierung. Diese Aspekte interessieren mich als Professional, als Freelancer, jedoch die Hobbyliga zeigt in diesen Fragen ebenfalls Begehrlichkeiten. [Fortsetzung]

+) Kulturpolitik

Postskriptum
Ich bin EPU. Ein künstlerisches EinPersonenUnternehmen. Meine künstlerische Praxis bildet eine andere Sphäre als mein unternehmerisches Handeln. Der Broterwerb ist keine Kategorie der Kunst, sondern eine soziale Kategorie. Und wer gerne annimmt, daß „wahre Künstler“ nur jene seien, die ihren Beruf ohne Kofinanzierung, Subvention, Sponsoring etc. ausüben, hat vom Kunstbetrieb keine Ahnung.

Es kommen keine zehn Prozent der Kunstschaffenden auf ein adäquates Jahreseinkommen aus rein künstlerischer Arbeit, weil der Markt das nicht hergibt. Nicht in Österreich, nicht in Deutschland, nichts sonst wo in Europa. Bliebe also kulturpolitisch zu begründen, weshalb eine Gesellschaft dafür Mittel bereitstellen soll.


[Kalender] [Reset]