Hermann Schützenhöfer (ÖVP), zu seiner Zeit
Landeshauptmann und erklärter Patron der
Volkskultur, hatte sich für dieses Genre
stark gemacht. Ebenso der Grazer
Kulturstadtrat Günther Riegler (ÖVP), dessen
Bekenntnis zum „Aufsteiern“ in den Annalen
der Stadt nachgelesen werden kann.
Weshalb Volkskultur sein soll, was ein
Kulturmanagement, Sponsoren und eine
PR-Maschinerie braucht, ist mir nicht klar.
Weshalb Volkskultur sein soll, wenn sich
regionale Honoratioren aus Politik,
Verwaltung und Wirtschaft ins Trachtengwandl
schmeißen, um mir ihren Verwandten und
Verbündeten einen Ball zu genießen, ist mir
nicht klar.
Weshalb Volkskultur sein
soll, wenn Frauen und Männer des
Bildungsbürgertums ihre Trachtengwandl
anlaßbezogen aus den Schränken holen, um zum
Beispiel für das Absingen einschlägigen
Liedguts passend adjustiert zu sein, ist mir
nicht klar.
Mir ist aber klar, daß dieses Genre mit
der Verwendung öffentlicher Gelder
verbunden ist und für Identitätspolitik
genutzt wird. Auch Mario Kunasek (FPÖ),
der neue steirische Landeshauptmann,
steht für eine „Aufwertung von
Volkskultur“. Ich weiß bloß nicht, was
genau damit gemeint ist.
Und wir, das Kulturvölkchen?
Wir haben offenkundig seit Waltraud
Klasnic noch immer keine Auskunft
verlangt, was seitens der Politik genau
unter Volkskultur verstanden wird und
welchen zeitgemäßen Diskurs das fordern
würde. Ich würde das gerne entlang eines
simplen Rasters erörtert sehen.
Volkskultur 1.0: Das
kulturelle Geschehen Subalterner im
Kontrast zum höfischen Kulturgeschehen.
Und zwar in Zeiten, da es dem Adel, den
alten Eliten, völlig egal war, was die
kulturellen Bedürfnisse ihrer Völker
sind.
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Kommerzieller
Identitäts-Mumpitz.
Volkskultur 2.0:
Jene Formen, die definiert wurden,
als im 17. Jahrhundert ein
aufstrebendes Bildungsbürgertum sich
des Themas bemächtige und begann,
„das Volk“ bevormunden und erziehen
zu wollen. (Wirkmächtig bis jüngst,
ehe das Fach sich zur Ethnologie
wandelte.)
Volkskultur 3.0: Jene
Formen, die sich herausbildeten, als
sich eine boomende
Unterhaltungsindustrie etabliert
hatte, die unter anderem
kommerzielle und touristische
Interessen bediente, was in
Österreich vom Musikantenstadl bis
zu Andreas Gabalier reicht, der
weder mit ursprünglicher Volksmusik,
noch mit Rock & Roll was zu tun hat.
Volkskultur 4.0:
Jener Status quo, der überhaupt erst
zu klären wäre, denn eine von
behördlicher Seite verwaltete Form
der Volkskultur kann eigentlich
keine sein. Jene der Kultur- und
Tourismusmanagements sowie der
Unterhaltungsindustrie kann es auch
nicht sein. Da besteht eine Menge
Klärungsbedarf; auch bezüglich des
FPÖ-Landeshauptmanns Kunasek und
seiner Auffassung von Volkskultur. [
Fortsetzung]
+)
Kulturpolitik
PostskriptumIch habe mich über
die Jahre immer wieder bemüht,
einige Aspekte des Volkskulturellen
in unsere regionale Wissens- und
Kulturarbeit einzubeziehen, dabei
den Gesamtzusammenhang zu beachten.
Hier einige Notizen zum Thema:
+)
Volkskultur 4.0 Erläuterung eines
Türschildes+)
Volkskultur: Etwas
Unschärfe als nächste Klarheit (Ein
kleiner Rückblick auf die letzten 60
Jahre)
+)
Kontext Volkskultur
(Worauf wir uns hier konzentrieren)
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