24. Jänner 2025

Politik-Karaoke: Konsequenzen III


Wer heute noch in den Kategorien „Volkskultur & Hochkultur“ denkt, unser Kulturgeschehen damit beschreibt, hat offenbar hundert Jahre verschlafen und ist über die Ära des Fin de Siècle keine fünf Meter hinausgekommen. (In der Steiermark ist das womöglich ein weitreichender Standard.)

Dem gegenüber das Fest von Donald Trump, nun der neue Präsident der USA. Er hat am ersten Tag seines Amtes gleich einmal ein ganzes Rudel rechtsradikaler Proud Boys aus dem Knast geholt. Für mich reicht das aber zu keiner Ömpörung, denn es folgt ganz konsequent einigen Ereignissträngen, die wir seit viele Jahren völlig ungeschminkt anschauen und im Detail verfolgen können.

Trump zeigt uns allen, wie er Europa zu schwächen gedenkt. Dazu gehören unter anderem etliche auffällige Gäste bei der Inauguration. Italiens Neofaschistin Giorgia Meloni war nur eine von etlichen Rechtsradikalen auf seiner Gästeliste. Zitat aus dem US-Magazin Politico: “He has invited many of the foreign leaders he’s spoken to by phone or welcomed in person at his Mar-a-Lago residence in Florida,…” [Quelle]



1915: Das „Schwarzen Quadrat“ von Malewitsch in Petrograd.

Trump zeigt uns allen, wie er Europa zu schwächen gedenkt. Dazu gehören unter anderem etliche auffällige Gäste bei der Inauguration. Italiens Neofaschistin Giorgia Meloni war nur eine von etlichen Rechtsradikalen auf seiner Gästeliste. Zitat aus dem US-Magazin Politico: “He has invited many of the foreign leaders he’s spoken to by phone or welcomed in person at his Mar-a-Lago residence in Florida,…” [Quelle]

Nichts von all dem kam unerwartet daher. Was in Europa seit den 1980ern als Neue Rechte reüssiert hat, erlebt derzeit eine globale Dimension und markante Schulterschlüsse. Dazu kommt am Rande, daß in der Steiermark Kulturpolitik an wesentlichen Stellen durch Symbolpolitik ersetzt wurde, um stellenweise anderen Zielen dient, als dem historisch gewachsenen Kernbereich. (Ich höre zwar Protestäußerungen, finde aber keinen kritischen Diskurs.)

Dieses Problem lieg sehr wesentlich an der Tatsache, daß in meinem Milieu (beim Kulturvölkchen) offenbar keine nennenswerte Kenntnis herrscht, was das sei, der historisch gewachsene Kernbereich von Kulturpolitik. Also führen wir keine öffentlichen Diskurse zum Thema. Also können sich in unserem Genre die Identitätspolitik und allerhand Nationalkitsch breit machen.



VOAEX-Skulptur von Wolf Vostell, 1976 (Foto: Luis Pita Moreno, CC BY-SA 3.0 ES)

Die jüngste Bankrotterklärung
Ich gehe noch einmal zu diesem Zitat aus dem „Drexler-Papier“ zurück. Das Dokument entstand, so lese ich, durch einen mehrjährigen (!) breit angelegten, vor allem partizipativen Arbeitsprozess, an dem „Künstler*innen, Vertreter*innen kleiner und großer Kunst- und Kulturvereine, Leiter*innen der Beteiligungsgesellschaften des Landes Steiermark, Expert*innen der Interessensvertretungen, LEADER- und Regionalmanager*innen“ etc. beteiligt waren.

Dazu heißt es, „Jede Fokusgruppe setzte sich aus jeweils acht Mitgliedern aus den über 600 Beteiligten an den Regionalkonferenzen 2022 zusammen, die aus allen steirischen Regionen aufgrund transparenter Kriterien nominiert wurden.“ [Quelle]

Und dann der kulturpolitische Offenbarungseid, wo das gesamte Papier mit diesen drei Kategorien auskommt: Volkskultur, Hochkultur und freie Szene. Zitat: „Die Begrifflichkeiten für diese drei Kulturbereiche haben sich im Prozess der Kulturstrategie 2030 als unzulänglich herausgestellt – da passende Alternativen jedoch noch fehlen, werden sie im vorliegenden Papier vorerst noch verwendet.“ [Quelle] Wir sollten langsam mit der Arbeit an diesem Defizit beginnen! [Fortsetzung]



Durch Rotation vom Urinal zum Ready-made, gezeichnet von Coldcreation.

+) Kulturpolitik
+) Politik

Postskriptum
Hier ein paar Punkte dessen, was ich bisher schon angedeutet habe. Vom 19. Dezember 1915 bis zum 19. Januar 1916 fand im russischen Petrograd „Die letzte futuristische Ausstellung der Malerei 0,10“ statt. Dort war unter anderem eine Arbeit von Kasimir Malerwitsch zu sehen: „Das Schwarze Quadrat“.

Ein Fall von Hochkultur? Oder doch eigentlich Volkskultur? Wirklich? Und welche Überschrift paßt zum Dadaismus, welche zu Fluxus, welche zum Wiener Aktionismus? Was machen wir jetzt mit der „Fountain“, dem Urinal als Ready-made, von Marcel Duchamp 1917 in die Kunstgeschichte gewuchtet?

Wo schieben wir Warhol oder Beuys hin? Der eine 1987 gestorben, der andere ein Jahr davor. Ihr gesamtes Werk war demnach vor rund vierzig Jahren schon abgeschlossen und in unserer Kulturgeschichte wirksam geworden. Oder sagt Ihnen vielleicht Andrei Monastyrski etwas, der Moskauer Konzeptualismus? Aber wir in der Steiermark so: Volkskultur und Hochkultur…


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