18. Jänner 2025

Kulturelles Politik-Karaoke I


Was haben wir nun? Die Steiermark ist also per Zuschreibung durch die Politik zum Land „zwischen Tradition und Moderne“ erklärt worden. Das ist relativ geistloses Polit-Karaoke. Jede Gesellschaft steht in einer Tradition ihres Werdens. Bleibt die Frage, wie weit man zurückblicken und welche Aspekte man betonen möchte. Das hängt von den vorherrschenden Interessen ab.

Eine Tradition per se gibt es nicht. Wir alle stehen zwischen Tradition und Gegenwart. Aber diese Gegenwart ist nicht die Moderne. Selbst die Postmoderne liegt längst hinter uns. Reden wir nun über eine Spätmoderne, womöglich über eine Digitalmoderne? Das wäre zu klären.



Steiermark heute: Leider nur Klischees. (Quelle: ORF)

Ich finde zu all dem vorerst keine Einwände seitens des Kulturvölkchens. Was war ich überrascht, als ich mir jüngst die paar Minuten „Steiermark heute“ gesucht habe, in denen via TV von den Sorgen steirischer Kunst- und Kulturschaffender die Rede war. Da kam aber nur die uralte Leier.

Man fürchtet den Verlust an Handlungsspielraum, weitere Budgeteinbußen, Einschränkungen im freien Schaffen, Struktureinbrüche etc. Soso! Solche Sätze sind wenigstens seit den 1980er Jahren gleichlautend in Umlauf. Eine inhaltliche Nullnummer, überdies fatal. Eben dieses Lamento als alleinige Botschaft nährt die Ressentiments genau jener Kräfte, die den „Staatskünstlern“ und allerhand kritischen Geistern die Ressourcen kappen möchten.

Das sind also Klischees ohne zeitgemäße Aussagekraft, wobei die den falschen Leuten nützen. Mir fehlt bei all dem eine inhaltliche Antwort auf den aktuellen Rechtsruck und die kulturpolitischen Andeutungen seitens der Landespolitik. Sich bedroht zu fühlen und wirtschaftlich unter Druck zu stehen ist kein kulturpolitisches Statement. Das ist - in Varianten - mein Alltag als Künstler, also trivial.



Diese Headline sagt mir: Bei so viel Mangel an Selbstbewußtsein und intellektueller Selbstachtung könnte einem schlecht werden. (Kleine Zeitung)

Darauf muß ich a) betriebswirtschaftlich reagieren können, aber auch b) inhaltlich. Wie lauten die inhaltlichen Einwände? Wo kann ich sie allenfalls nachlesen? Die Misere und der Umstand, daß wir als Metier wenigstens 30 Jahre Diskurs verschlafen haben, finde ich in folgender Passage eines jungen kulturpolitischen Papiers der Steiermark zusammengefaßt.

In den „Empfehlungen der steirischen Kunst- und Kulturszene für die Politik“ heißt es an einer Stelle bezüglich der „Kunst- und Kulturbereiche“ (nämlich ‚Volkskultur’, ‚freie Szene’ und ‚Hochkultur‘) sehr ernüchternd: „Die Begrifflichkeiten für diese drei Kulturbereiche haben sich im Prozess der Kulturstrategie 2030 als unzulänglich herausgestellt – da passende Alternativen jedoch noch fehlen, werden sie im vorliegenden Papier vorerst noch verwendet.“ [Quelle]



Die Aussage ist larmoyanter Blödsinn, der vor allem einen breiten Mangel an Zivilcourage illustriert.

Das werte ich als eine kulturpolitische Bankrotterklärung, zumal selbst die Debatten zu „High/Low“ längst gelaufen sind, dieses Thema also seit Jahren bearbeitet sein sollte. Wenn demnach in meinem Milieu das Begriffstrio „Volkskultur, freie Szene und Hochkultur“ bis heute weder einer Debatte, noch einer Revision unterzogen wurde, dann macht das noch was anderes deutlich.

Die Neue Rechte Europas hat das für sich längst erledigt. Und zwar in einem konzentrierten Prozeß seit den 1980er Jahren. Ein Prozeß, der gut beforscht und dokumentiert wurde. Oh! Überraschung! Solche Leute regieren jetzt das Land. Immerhin steht in dem erwähnten Papier: „Die Diskussion zu einer Adaptierung der Begriffe muss in den nächsten Jahren vertiefend geführt werden.“ Das ist ja rührend! [Fortsetzung]

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