Ich kenne allerhand Varianten, wie auf so
ein Statement hin Augenbrauen hochgezogen
werden. Was, bitte, wollen Sie denn von mir?
Wir sind nicht verwandt, auch nicht beste
Freunde. Ferner werde ich für Zuhören nicht
bezahlt.
Daß jemand etwas fühlt,
irgendetwas, berechtigt keinesfalls dazu,
meine Aufmerksamkeit zu binden. Es braucht
gute Gründe, um das anzustreben. Wie oft
erlebe ich, daß mich Menschen entsetzlich
langweilen, indem sie mir vorlegen, was aus
ihnen gelegentlich so herauskullert.
Sehr häufig sind das Leute, deren Biografien
weisen nichts auf, was mich stutzig machen
würde. Oft sind das Leute, die erstens einen
etwas faden Beruf haben und dieser Tätigkeit
selbst nichts abgewinnen können, während sie
zweitens ihre Freizeit mit Fernsehkonsum und
anderen Vergnügungen totschlagen, weil weder
ihre Emotionalität, noch ihre Verstand
sonderlich belastbar sind.
Dabei ist sowas nicht naturgegeben,
schicksalhaft, einem aufgezwungen. Wir
kommen fast ausnahmslos mit wachem Geist auf
die Welt, wissens- und erfahrungshungrig,
tatendurstig, verspielt, voller kauziger
Ideen, was man alles versuchen, was man
ausprobieren könnte. (Das Spielen ist eine
bedeutende Tätigkeit!)
Irgendwann
entscheidet man vor allem selbst, womit man
frei verfügbare Zeit verbringen will; außer
jene, die ungewöhnlichen Zwängen unterworfen
sind. Wenn jemand das Gespräch mit mir sucht
oder findet, merke ich sehr schnell, in
welchen Räumen sich dieser Geist zu bewegen
gewohnt ist.
Wer mit ATV, der
Kronenzeitung, Tiktok etc. sein Auslangen
findet, kann sicher auch ein erfülltes Leben
haben. Daran zweifle ich nicht. Es hat bloß
mit meinem Leben kaum Berührungspunkte.
Wer sich vor allem in Gspassettln und
Spirenzchen übt, um in den Social Media
Followers zu generieren, verstößt
keinesfalls gegen die Allgemeine Erklärung
der Menschenrechte. Aber eben diese Charta
verpflichtet mich auch nicht, solchen
Gauklern meine Aufmerksamkeit zu schenken.
Da halte ich es mit serbischen Leuten, die
ich manchmal sagen gehört habe:
„Svaka
vama čast, al' što dalje od naš!“ Das
heißt ungefähr:
„Alles Gute für Euch,
aber weit weg von uns!“
Jenen,
die ihre Zeit gerne totschlagen, weil ihnen
etwa Wissenserwerb oder Bewegung für ihren
Esprit zu blöd, zu anstrengend, zu was auch
immer ist, tendieren mir gegenüber manchmal
dazu, von arroganten Leuten, „abgehobenen
Eliten“ und ähnlich anfechtbaren Konsorten
zu reden, die ihnen mißfallen und denen sie
nichts zu sagen haben.
Es steht jedem
Menschen völlig frei, bloß von Eindrücken
und Gefühlen zu reden, die einem bestimmte
Werke verursacht haben. Aber ein
Kunstdiskurs, also eine Diskussion darüber
was Kunst sei oder die Kunst betreffe, das
ist etwas anderes.
Wer dafür nicht
gerüstet ist, hat sich dafür eben nicht
interessiert. Das ist ganz okay. Doch mit
solchem Desinteresse sollte man mir nicht in
die Quere kommen, wenn eine Debatte über
Kunst ansteht. Wichtigtuer, die mir meine
Zeit stehlen, kann ich meist mit zwei, drei
Fragen einigermaßen verläßlich
identifizieren.
Es gibt für mich zu
all dem zwei vorrangig nützliche Fragen. Die
eine habe ich von Kriminalpsychologin Heidi
Kastner behalten:
„Wollen sie
diskutieren oder Recht haben?“ Die
andere ist fast schon Folklore:
„Haben
sie gute Absichten?“
+)
Kulturpolitik
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