3. Juli 2024

Kickl und der Hochverrat


[Vorlauf] Der vaterländische Herbert Kickl hat seinen Wunsch, Österreichs „Volkskanzler“ zu werden, ganz unmißverständlich geäußert. Die Kompetenz dazu betont er unter anderem gerne, indem er politische Konkurrenz herabwürdigt.

Daß er einer amtierenden Ministerin „Hochverrat“ vorwirft, ist bemerkenswert. Und es ist ein Beispiel, wie man vorsätzlich Unwahrheiten verbreitet. Gerade in der Ambition zur Kanzlerschaft sollte es jemand, der meint, unsere Verfassung verteidigen zu müssen, mit eben dieser Verfassung genau nehmen; wie auch mit übrigen Gesetzen des Staates.



Die Behauptung ist Mumpitz.

Ich wollte nun genauer wissen, was es mit dem Vorwurf des Hochverrats auf sich hat. (Es gab ja Zeiten, da büßte man so ein Vergehen mit seinem Leben.) Hier ist von Bundesrecht, Strafgesetzbuch § 242 die Rede. Der Text ist knapp und überschaubar, kommt mir zwei Absätzen aus. Das betrifft den vierzehnten Abschnitt: „Hochverrat und andere Angriffe gegen den Staat“.

Mit solchen Zusammenhängen geht Herr Kickl also sehr salopp um. Was ist nun Hochverrat und was nicht? Selbst als juristischer Laie mag einem auffallen, daß dieser Vorwurf in der Gewessler-Kontroverse keine Rolle spielen kann.

Zitat: „§ 242. (1) Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt die Verfassung der Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer zu ändern oder ein zur Republik Österreich gehörendes Gebiet abzutrennen, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren zu bestrafen. (2) Ein Unternehmen im Sinn des Abs.  1 liegt auch schon bei einem Versuch vor.“ [Quelle]



Welches Gesetz und welche Stelle in der Verfassung belegt diese Behauptung?

Ich vermisse übrigens auch nach wie vor die simpelste Anstrengung österreichischer Parteien, uns Bürgerinnen und Bürgern knap zusammenzufassen, worin genau der angebliche Verfassungsbruch von Frau Gewessler besteht und welcher Gesetzestext mir das belegt. (Hat auch nur eine Fraktion das bis heute erledigt? Kann man mir dazu bitte einen Link schicken?)

Ich meine, daß das – Hochverrat und Verfassungsbruch - sehr schwere Anschuldigungen sind. Die sollte das politische Personal begründen und belegen können. Darüber hinaus finde ich, wer vorsätzlich, also wissentlich, eine Unwahrheit verbreitet, noch dazu via Massenmedien, muß als Lügner gelten.

Haben wir einen erwähnenswerten gesellschaftlichen Konsens, daß politisches Personal von diesem Kriterium und dieser Zuschreibung ausgenommen ist? Davon ist mir nichts bekannt.

+) Eurasien

Postskriptum
Zur Orientierung, selbst wer bloß einem Gemeinderat angehört, hat laut §21 der Steiermärkischen Gemeindeordnung folgendes Gelöbnis zu leisten: „Ich gelobe, der Republik Österreich und dem Land Steiermark unverbrüchliche Treue zu bewahren, die Bundesverfassung und die Landesverfassung sowie alle übrigen Gesetze gewissenhaft zu beachten, meine Aufgaben unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen, die Amtsverschwiegenheit zu wahren und das Wohl der Gemeinde nach bestem Wissen und Gewissen zu fördern.“ [Link]


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