19. Juni 2024

So also Sommer!


Das ist nun der zweite Tag mit einer sehr manierlichen Sommertemperatur. Zu Mittag hieß es: 30 Grad. Eine amtliche Meldung kam als Warnung daher: „Extreme Hitze“. Über dem Mittelmeer seien das derzeit schon 40 Grad. Ich hab also die Fenster nachts offen, tagsüber die Balken zu, und seit heute Campari im Kühlschrank.

Außerdem bin ich zum Baumarkt spaziert, weil ich dachte, daß die Abteilung mit den Ventilatoren noch diese Woche so leer sein könnte wie die Klopapier-Buchten in den Corona-Tagen. Dem wollte ich zuvorkommen, denn hier unterm Dach wird es im Sommer manchmal ungastlich.


Mein alter Sprudler, ein massiver Traktor von einem Ventilator, war letzten Sommer durchgebrannt. Jetzt also eine filigrane Leichtbau-Version. (Da hatten mir die alten Aluminium-Flügel mehr zugesagt.)

Unterwegs zeigen sich bei dem Prachtwetter im Stadtzentrum allerhand mobile Schmuckstücke, wie etwa dieser Alfa Spider. Ich tippe auf die zweite Generation, die 1969 bis 1983 gebaut wurde. (Einen Roadster von Caterham hab ich nimmer erwischen können, der war zu schnell vorbei.) Es bleibt mir natürlich ein Rätsel, daß man grade unter so gnadenloser Sonne Cabrio fährt. Aber Liebhabereien braucht man nicht zu debattieren.


Für mich also kalte Melonen und Campari bei geschlossenen Fensterbalken. Der Laptop hängt am Kabel, um Ladung zu tanken, damit ich das Büro Richtung Stadtpark verlassen kann, falls die Sommerhitze weiter ins alte Gebäude eindringt.

Und! Was ist in dieser jungen Sommerglut noch langsamer als ich? Das Set externer Festplatten, auf die ich grade meine Backups schaufle. Ich brauche meist viel zu lange, um einen nächsten Durchgang zu starten. Bis dahin könnten mit jedem Donnerschlag erhebliche Datenmengen verlorengehen. Und dann? Nichts dann! Diese Dinge sind ohnehin flüchtig.


Manche unter uns werden sich erinnern, wie wir bei Gewittern einst rannten, um die Stecker zu ziehen, weil die Faustregel besagte: Stromspitzen können auch bei ausgeschaltetem Rechner zu den Festplatten durchschlagen und Daten grillen. (Dabei waren damals noch die Schreib- und Leseköpfe per Dienstprogramm extra geparkt.) Heute redet niemand mehr von solchen Gewitterlagen. Vermutlich sind die Leitungen inzwischen besser abgesichert.

Ich hab freilich auch seriöse Arbeit zu erledigen. Autorin Eva Surma hat Maler Heinz Payer und mich eingeladen, an diesem Projekt teilzunehmen: „Amselsturm: eine feministische Ausstellung“. Das ist ein raffiniertes Setting. Zwei alte weiße Männer mitten in so einer Aufgabenstellung.


Ist aber nicht so, daß ich nun tagelang grübeln müßte. Das zähle ich zu den Vorteilen meiner späten Jahre. Ich muß mir angesichts nächster Aufgaben nur selten den Kopf zerbrechen, wie ich das nun angehen könnte. Ein passender Ansatzpunkt ist schnell gefunden, soweit es um Themen geht, mit denen ich mich schon eingehender befaßt hab.

Dieser Modus hat freilich ein paar simple Bedingungen. Etwa folgende: lesen. Beachten, was von anderen Menschen schon gedacht wurde. Dem hab ich jüngst einen fixen Platz in meinen Abläufen gegeben. Jeden Tag setze ich mich zur Lektüre für wenigstens zwei Stunden in den Schatten an dieser oder jener Stelle in der Stadt.

Es gibt dafür keinen Ersatz. Die Gespräche in realer sozialer Begegnung und die Lektüre. Wie die Geigerin kontinuierlich Geige übt, der Läufer laufend läuft, die Ärztin immer wieder auf Kongresse fährt und der Kriminalpolizist sein Schießtraining pflegt, lese ich. [Fortsetzung]

+) Amselsturm: eine feministische Ausstellung


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