23. Dezember 2023 III
Wie über Krieg reden?
Na, so, wie es Europa seit dem Ende des Dreißigjährigen
Krieges (1618 bis 1648) tut. Erst einmal war der Kontinent
völlig verwüstet, seine Gesellschaften blutig dezimiert,
gesellschaftliche Institutionen erschüttert, die Wirtschaft
in Fiasko, die Menschen brutalisiert.
Europäische
Eliten hatte eine unfaßbare Verantwortungslosigkeit gezeigt
und ihre Verbrechen konfessionell zu legitimieren versucht.
Die Arbeit am Westfälischen Frieden brachte dann ein
politisches Novum. Da wurden Kategorien definiert.
Seither kennen wir Diskurse, die davon handeln, was denn
überhaupt Krieg sei, wie man Krieg von räuberischen
Unternehmungen unterscheiden könne, wer legitimiert sei,
Krieg zu erklären und zu führen, welchen Bedingungen
kriegsführende Parteien unterliegen.
Die Allgemeine
Erklärung der Menschenrechte steht in der Tradition dieser
Debatten.
Wir wissen außerdem, daß es in der Praxis
keinen „sauberen Krieg“ gibt und daß jede beteiligte Partei
Kriegsverbrechen begeht. Daran muß nicht herumgedeutet
werden. Aber auch folgendes will ich außer Streit gestellt
wissen, weil wir sonst bloß im Kreis rennen.
Wurde
eine Nation in einem Konflikt militärische geschlagen, wird
sie eventuell eine neue Regierung brauchen. Sie wird
außerdem Verhandlungen führen müssen. Sie wird vermutlich
Bedingungen akzeptieren müssen, die der aktuellen Regierung
mißfallen. Sind darunter Zumutungen, die ein souveräner
Staat nicht akzeptieren kann, müssen weitere Verhandlungen
geführt und Verbündete gewonnen werden.
Daraus einen
nächsten Kriegsgrund abzuleiten wäre verbrecherisch. (Derlei
Muster kennen wir in Europa zur Genüge.) Ich hab im
Haupttext notiert: „Also, was wollen die Gaza-Palästinenser
von den Juden? Kompensation dafür, daß sie mit ihren
schiitischen Glaubensbrüdern in Ägypten keine guten
bilateralen Beziehungen hinkriegen, um hier ein stabiles Tor
zur Welt zu haben? Ich weiß es nicht.“
Selbstverständlich sind die Angriffe der Hamas auf Israel,
auch die fortlaufenden Attacken mit Raketen, ein legitimer
Grund, mit Waffengewalt zuzuschlagen, um das abzustellen.
Ich hab dazu noch ein paar Fragen. Wenn jemand was besser
weiß, bitte um Feedback. Aber keine Polemiken, sondern
Fakten, deren Quellen ich überprüfen kann.
+) Haben
die Araber im Gaza einen regulären Staat, der international
umfassend anerkannt ist? Vorerst nicht.
+) Haben die
Araber im Gaza eine Regierung, die für ihr Staatsvolk
Verantwortung übernimmt. Das sehe ich nicht.
+) Haben die
Araber im Gaza eine reguläre Armee, die von einer Regierung
geführt wird und im Fall von Kriegsverbrechen international
zur Rechenschaft gezogen werden kann? Sie haben das
Gegenteil davon. Räuberische Freischärler. Organisiertes
Verbrechen.
Zu den Details einer Konfliktlösung kann
ich mangels a) Sachkenntnis und b) Parteienstellung nichts
beitragen. Ich kann es bloß als Zaungast im internationalen
Zusammenhang betrachten. Die Gewaltakte der Hamas sind nicht
bloß illegitim, sondern ein vielfaches Überschreiten
zivilisatorischer Grenzen. In der Abwägung der Mittel, das
zu beenden, sehe ich für mich keine Mitsprachemöglichkeit.