Mir sind solche Begegnungen sehr willkommen,
um innerhalb unseres Metiers gelegentlich
überprüfen zu können, welche Auffassung von
Professionalität etwas taugt, worauf man als
Künstler sein Selbstverständnis stützen
könnte.
Seit ich Teil dieses
Betriebes bin, erlebe ich, daß manchmal
Teile eines intellektuell nicht gar so
leistungsfähigen Bildungsbürgertums sich
erstaunliche Spießerfantasien gönnen, was
das Thema Kunst betrifft. Das wäre kein
Problem, wenn diese Perlen der Gesellschaft
darauf verzichten könnten, ihre Erwartungen
anderen aufzudrängen; also etwa Leuten wie
uns.
Ich habe
gestern
betont, wir beide, Scheuer und ich, seien
völlig Old School. Die Grundlagen unseres
Lebens in der Kunst seien das Obsessive, das
Handwerk und Inhalte, Inhalte, Inhalte. Das
halte ich für Kategorien der Kunst.
Broterwerb ist dagegen eine soziale
Kategorie und hat mit den Fragen der Kunst
nur am Rande zu tun.
Der Künstler als Müßiggänger. (Grafik:
H. Payer)
Ich finde zu all dem das Denken von
Pierre Bourdieu sehr anregend. Er hat
verschiedene Kapitalsorten benannt,
wobei er das Wort Kapital nicht im
marxistischen Sinn verwendet. Er meint
mit Kapital generell die Früchte
menschlicher Anstrengungen. Entsprechend
unterschied Bourdieu zwischen sozialem,
ökonomischem, kulturellem, symbolischem
und affektivem Kapital. Siehe dazu: [
Link]
Menschliches Wollen und menschliche
Anstrengungen haben eben sehr
verschiedene Intentionen und Ergebnisse.
Für all das gibt es Märkte, auf denen
materielle und immaterielle Güter
gehandelt werden.
Der Staat
begleitet und verstärkt in unser aller
Namen manche Bereiche des
gesellschaftlichen Lebens. Etwa das
Gesundheitswesen, Bildung, Kultur etc.
Das bedingt einen hohen Aufwand
öffentlicher Mittel. Daher brauchen wir
politische Debatten, um immer wieder zu
klären, mit welchen Zielsetzungen
welcher Mittelaufwand betrieben werden
möge.
Könnte das Nachdenken ein Beruf
sein?
Das ist eine wesentliche Funktion
kulturpolitischer Diskurse, die es
folglich geben müßte; und zwar als
öffentliche Debatten. Die aktuelle
Mediensituation gibt uns dazu jedes
wünschenswerte Mittel in die Hand. Es
gilt die Faustregel: Wenn wir, die
primären Kräfte, das nicht klären,
werden es Politik und Wirtschaft gerne
für uns erledigen. (Oder aufgebrachte
Bildungsbürger.)
Wenn dann
gelegentlich interessierte Laien
hereingrätschen, könnte man auf
anregende Inputs aus der
Zivilgesellschaft hoffen. So ist ja die
Republik mit ihrer Demokratie gedacht:
Möglichst alle Menschen sollen an einem
öffentlichen politischen und kulturellen
Leben teilnehmen.
+)
Kulturpolitik
(Notizen)