26. Juli 2022

Transitionen

Ich hab gestern einiges über Knoblauch gelernt. Und über Paradeiser. Schließlich aber auch darüber, wie man gewissermaßen zwischen Zutaten flaniert, diesem oder jenem Stück zulächelt, Passendes kombiniert; und dann kommt so ein Abend heraus, der übrigens auch von einer kleinen Wanderung quer durch verschiedene Weingeschmäcker handelte.

Das sind Zusammenhänge, um einander etwas mitzuteilen. Vorgänge, die es eigentlich erübrigen, all das der Sprache auszuliefern. So wie ich dieser Tage einige Debatten hatte, was wir von „Schönheit“ halten, was denn das überhaupt sei. Dann kam für mich wesentlich heraus: Es ist ein semantisches Problem, weil das Wort „Schönheit“ als Bezeichnendes nichts Bestimmtes hat, was damit bezeichnet werden könnte, das Bezeichnete fehlt.



Die Stunde der distinguished gentlemen: Wolfmayr (links) und Lechner

Ein Sätzchen wie „Das ist schön!“ bleibt letztlich eine Null-Aussage, der ich bloß entnehmen kann: da freut sich gerade jemand. Mehr bietet diese Mitteilung nicht. Mit vorzüglichem Essen ist es eventuell ähnlich, obwohl meine Profession es nahelegt, alles für beschreibbar zu halten. Wozu könnten wir denn sonst mit Subtext und Kontext umgehen? Im Kern dreht sich die Welt also um Text… Voilà! So muß ein Autor sprechen. (Kleiner Scherz!)

Von meiner Profession kann ich mir jederzeit frei nehmen und dann zum Beispiel in so eine Nacht hineinfallen, in bester Gesellschaft zweier Wegbegleiter durch die Hälfte dieser Nacht streunen. Pädagoge Franz Wolfmayr und Architekt Winfried Lechner tänzeln in ihren Zugängen zur sinnlichen Welt der Geschmäcker. (Freilich auch in die der Trunkenheit.)


Seit Platons Beschreibung eines legendären Gastmahls, das altgriechische Wort für Gastmahl lautet „Symposion“, kennen wir schöne Belege dafür, daß gutes Essen und Trunkenheit dem Denken wunderbare Flügel verpassen können. Als Grieche wäre ich freilich zu den Barbaren gezählt worden, weil ich Wein pur trinke und auch kein Wasser dazu nehme.

In jener Vergangenheit wurde Wein obligatorisch mit Wasser gemischt, wozu es eigene Gefäße gab, die „Krater“ heißen und wovon uns wunderbare Beispiele antiker Töpferkunst erhalten sind. Die findet man mit Figuren, mit lebhaften Szenen dekoriert, was uns einen alten Ausdruck des symbolischen Denkens anbietet. (An den Barbaren und Säufern ging das vorbei.)



Aus meinen 2018er Notizen

Damit waren wir ja letzte Nacht auch befaßt: des symbolischen Denken. Ebenso mit Blicken in die jüngere Geschichte. Wissen Sie zufällig, was eine „Spinning Jenny“ ist? Eine Spinnmaschine, wie sie während der Ersten Industriellen Revolution allerhand soziale Unruhen ausgelöst hat.

Wir waren auf das recht nahe Neudau und eine einstige Textilfabrikation gekommen. Ich hatte mich dort im Jahr 2018 umgesehen, weil das ein für die Steiermark markanter Ort der Industriegeschichte ist. Durch solche Betriebe kam seinerzeit Wohlstand in diese ärmliche agrarische Region, diese Randlage; was hier auf Aktivitäten im Jahr 1789 zurückgeht.



Die Maschinenhalle, wie es sie nicht mehr gibt

Lechner meinte, er kennen dieses Betrieb und schickte mir heute Fotos vom Hallen-Status bevor die Maschinen abtransportiert wurden. (Wie bedauerlich, daß ich es nicht sehen kann!) Ein Setting wie ein Raumkreuzer für interstellare Reisen. In meinem Kopfkino geht es da gleich los. Ich natürlich der Pilot des riesigen Raumschiffes. Alle Verbindungen zum Dock werden gelöst. Man spürt das Summer der Triebwerke und die Kommandantin sagt: „Okay, Krusche, bring uns raus!“

+) Neudau: Als die Industrielle Revolution ausbrach
+) Industrielle Revolutionen (Ein kleiner Überblick)


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