Dabei ist von einer Feuerkraft die Rede, für die wir aus
einem zivilen Leben keinerlei Vergleiche kennen. Die
Menschheit hat das im Großen Krieg erstmals realisiert. Der
Ortsname Verdun steht stellvertretend für eine Barbarei, die
den Rahmen unserer Begriff sprengt. Ich muß das dennoch
einsortieren können.
Im Ersten Weltkrieg zeigte sich
an Überlebenden ein Phänomen, das „Shell Shock“ genannt
wird. Eine tiefe Traumatisierung. Eine Verstörung von
Menschen, die dadurch in ihrer Lebensfähigkeit massiv
beeinträchtigt wurden, weil sich das überdies körperlich
äußerte.
Im Web finden Sie unter Stichworten wie „War
Neuroses“ oder „Shell Shock Victim“ hinreichend
anschauliches Material. Weshalb ich das erzähle? Ich bin mit
anderen Leuten gerade eine Weile am Thema Josef Beuys dran.
Der war ein Künstler von Weltrang, zugleich eine brüchige
Persönlichkeit mit äußerst merkwürdigen Seiten.
Das wurzelt in seiner Vorgeschichte, in den Kriegswirren und
seinen seltsamen Rollen während jener Jahre, die er zu
verbergen wußte. Diese Doppelbödigkeit hat wiederum
ideologische und mentalitätsgeschichtliche Quellen im Ersten
Weltkrieg.
Was bewirkt ein derart technisierter Krieg
an den Menschen? Ich wurde in den 1970er Jahren zum
Richtkanonier an einem Salvengeschütz ausgebildet.
Entsprechend neugierig war ich damals auf das
Scharfschießen.
Es ist mir nicht erinnerlich, daß in
Allentsteig je mehrere Verbände zugleich gefeuert hätten,
sehr wohl aber eine ganze Batterie. Es war ziemlich
beeindruckend, was ein Werfer bewirken konnte, wenn man an
der Leine zog.
Als Funker hab ich später auch die
Aufgabe eines Artilleriebeobachters gehabt, folglich
gesehen, welche Einschläge so eine Waffe erzeugt. Das ist
aber geradezu nichts im Vergleich zu einem ganztägigen
Dauerbeschuß wie im Donbass.
Geschichtsbetrachtung,
Kunstpraxis, diese aktuellen Zusammenhänge, all das wirft
für mich Fragen auf, welche Arten der persönlichen
Verstrickung sich daraus ergeben und was das für mein Leben,
für meine Arbeit und für unsere Projekte bedeutet. Siehe
dazu auch: "Wir
beuyseln!" (Der Ernst des Lebens und was sonst
noch so auf dem Programm steht) [Fortsetzung]
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