4. Jänner 2022
Binär
Die Zweiwertigkeit, das Binäre, ist
Grundlage dessen, was Ihren Computer arbeiten läßt. Er
versteht nicht, aber er verarbeitet Gruppen von bloß zwei
Zeichen: Eins oder Null. Spannung ist da oder ist nicht da.
Was für eine Maschine passend ist (der Binärcode),
bliebe für die Darstellung menschlichee Gemeinschaft völlig
unzureichend. Gut oder böse? Schwarz oder weiß? Mann oder
Frau? So läßt sich kein Gemeinwesen aufschlußreich
beschreiben. Aber wenn Konflikte hochgehen, gehen wir
offenbar gerne in die Muster so einer unsinnigen
Komplexitätsreduktion. (Chaos oder Kosmos? Lüge oder
Wahrheit? Glauben oder wissen?)
Sie kennen das gewiß: „Wer nicht für ist, ist gegen mich!“
So spricht ein Apokalyptiker, der anmaßende Anhänger einer
Weltuntergangs-Sekte. Das ist eine menschenverachtende Pose,
die jedem Versuch zu einer Konfliktlösung im Weg steht. Die
moderatere Version dessen geht so: A: „Du verstehst mich
nicht!“ B: „Ich verstehe Dich schon, aber ich stimme Dir
nicht zu!“ A: „Nein, Du verstehst mich nicht.“
Da
grinst einen stets die Tyrannis an. Freund oder Feind?
Christ oder Heide? Marc Cohn hat in seinem Lied „Walking in
Memphis“ eine sehr schöne Passage geschrieben: Now
Muriel plays piano Every Friday at the Hollywood And
they brought me down to see her And they asked me if I
would Do a little number And I sang with all my might
She said: „Tell me are you a Christian child?“ And I said
„Ma'am, I am tonight“
Für den Augenblick einer bewegenden Gemeinsamkeit
beantwortet er die Frage mit „Ma'am, I am tonight“:
Ja, heute nacht bin ich es. Das ist die Form eines
Entgegenkommens, wie es uns immer offensteht. Es handelt
davon, die Position eines Gegenübers zu erkennen und zu
respektieren, auch wenn man sie eventuell nicht teilt.
Schwierig?
Was sich seit etlichen Wochen auf
Gleisdorfs Straßen äußert, hat mir viel zu viel
Apodiktisches. Das bringt ein altes Motiv zum Erblühen:
+) Ich muß etwas nicht wissen, wenn ich es glauben kann.
+) Wenn ich es nicht beweisen kann, kann ich es
bezeugen.
Das haben wir in Europa, seit es
monotheistische Religionen gibt. Dieses Bezeugen statt
wissen zu wollen. Der Wissenschafter ringt um Schlüssigkeit
und betrachtet gesichertes Wissen als vorläufig, bis neues
Wissen die alte Kenntnis widerlegt, also falsifiziert. Der
Märtyrer bezeugt. Punkt! Kein Prozeß, ein Akt. Zack! Sofort
Paradies! Was sich seit etlichen Wochen auf Gleisdorfs
Straßen äußert, naja… [Fortsetzung]
+)
Heimat
(Übersicht)
[Kalender]
[Reset]
|
|