10. November 2021

Persönliche Freiheit

Was mich derzeit recht amüsiert, sind die irrlichternden Referate über persönliche Rechte, über Freiheit, gekaufte Medien, Diktatur und andere Juwelen aus der Schatzkiste unserer immateriellen Güter. Genau! Güter. Zum Beispiel: Rechtsgüter. Meine Bürgerrechte und meine individuelle Freiheit sind in Gesetzen formuliert. Ich hab auch Menschenrechte.

Ich kann daher in manchen Fällen Ansprüche erheben und darf erwarten, daß mein Ansprüche berücksichtigt werden. Es kommt aber auch vor, daß verschiedene Rechtsgüter kollidieren. Dann entscheiden weisungsunabhängige Richterinnen und Richter, welches Rechtsgut im speziellen Fall Vorrang bekommt.

Klinge ich nun wie mein eigener Opa, wenn ich am Rande erwähne, daß wir auch über Pflichten reden müssen, wo Rechte erörtert werden? Wenn ich mich als Teil einer Gemeinschaft vorfinde, ist die naturgemäß kein Selbstbedingungsladen zu meinen Gunsten. (Ich werde meine Bedingungen notfalls verhandeln müssen.)

Verschiedene Rechtsgüter können also kollidieren. Dadurch könnte ich ins Hintertreffen gelangen. So wird meine persönliche Freiheit ja nicht abgeschafft, wird bloß hinter einem anderen Anspruch gereiht, der im Moment als höherwertig gilt.

Ist das so schwierig zu verstehen? Ich hoffe nicht, denn sonst müßte ich eventuell fürchten, daß jeder Depp, der härter zuschlagen kann als ich, meine Interessen zu versenken vermag und auf meine Kosten expandiert. Zurückstecken müssen. Ich mag das nicht. Sie?

Aber es wird sich eben oft nicht vermeiden lassen. Wer dann „Diktatur!“ schreit, macht sich zum Steigbügelhalter eines Diktators, denn nur in der Tyrannei kann jemand seine Ansprüche stets gegen alle anderen durchsetzen. (Dazu muß man dann freilich die entsprechende Position haben.)

Meine persönliche Freiheit ist also bloß in einem System gesichert, das manchmal andere Ansprüche über meine stellt. Es ist das Gegenteil von Faustrecht, wo sich der durchsetzt, der am härtesten zuschlägt. Drücke ich mich verständlich aus? Können Sie mir bis hier zustimmen? Nun wird es heikler.

Dachten Sie, eine Seuche sei Privatsache? Ich denke das nicht. Im Seuchenfall stellt eine Gemeinschaft spezielle Regeln auf. Die können meinen privaten Interessen durchaus entgegenstehen. Auch das wäre noch kein Beleg für eine Diktatur.

Wenn eine ganze Gemeinschaft dabei in Schräglage gerät, habe ich eigentlich nur wenige Optionen. Ich kann mich dann schreiend auf den Boden werfen, mit den Füßen strampeln und hinausbrüllen, daß die Welt schlecht sei. Vor meinem vierten Geburtstag komme ich damit vielleicht durch; für den Augenblick.

Ab da droht uns ein Prozeß Richtung Erwachsenenalter. Wenn sich Erwachsene schreiend auf den Boden werfen, mit den Füßen strampeln, sich emotional geben und gar nichts Nützliches zur Behebung einer gesellschaftlichen Schräglage beitragen, außer zu brüllen „Was wird aus mir?“, fällt mir spontan nur das ein: „Halt die Fresse!“

+) Kontext Covid-19

Postscripterl

Wären Sie überrascht, wenn ich einen Teil solcher Überlegungen auch auf unsere Kulturpolitik umlegen möchte?


Fußnötchen

Wenn meine Leute im Bezirk während der letzten Wochen nicht sprunghaft vorsichtiger geworden sind, haben wir noch diese Woche die Tausender-Marke erreicht. Wer meint, das ginge ohne deutliche Reaktionen der Behörde ab, träumt:

+) 05.11.21: 783,1 (Österreich: 522,4)
+) 06.11.21: 810,6 (Österreich: 566,8)
+) 07.11.21: 773,2 (Österreich: 599,6)
+) 09.11.21: 893,1 (Österreich: 655,0)
+) Quelle


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